Walter Serner

 

Lebenslauf
Reklame
Selbstrezension


Lebenslauf:

1889
15.1. Walter Eduard Seligmann im ›Haus Edelweiß‹ in Karlsbad geboren.
1908 Abiturprüfung am Franz-Josephs-Gymnasium Karlsbad nicht bestanden.
1909 18.2. Besteht die Wiederholungsprüfung am Gymnasium Kaaden und übersiedelt kurz darauf nach Wien. 19.5. Ubertritt zum katholischen Glauben und Änderung des Familiennamens in ›Serner‹. 13.6. Erste Publikation ›Ratschläge für Maturanden  (in der ›Karlsbader Zeitung‹ des Vaters Berthold Seligmann. Bis 1913 erscheinen hier zahlreiche Kritiken und Essays, vorwiegend über Theater und Bildende Kunst. 30.6. Beginn des Jurastudiums an der Universität Wien. 9.7. Reise nach Deutschland; besucht die Kölner Blumenspiele.
1910 14.10. Rechtshistorische Staatsprüfung in Wien .
1911 1.7. Eröffnet die von ihm organisierte ›Kollektiv-Ausstellung Oskar Kokoschka‹ im Karisbader ›Café Park Schönbrunn‹. 5.9. Rückkehr nach Wien. 1.11. Meldet sich nach Berlin ab.
1912 5.2. Beginnt in Franz Pfemferts ›Aktion‹ und anderen Berliner Zeitschriften zu publizieren. 9.4. Läßt sich nach Beendigung des 6. Semesters in Wien exmatrikulieren und übersiedelt nach Berlin. 6.5. lmmatrikulation an der Universität Greifswald. 26.7. Reicht Dissertation über ›Die Haftung des Schenkers wegen Mängel im Rechte und wegen Mängel der verschenkten Sache‹ ein. 5.8. Besteht die mündliche Doktorprüfung nicht und kehrt nach Karlsbad zurück. Winter »Brotarbeit« in Wien .
1913 16.3. Bereitet sich in Karlsbad auf das Examen vor. 20.5. Das zweite Rigorosum in Greifswald verläuft erfolgreich. Läßt in Berlin seine Doktorarbeit drucken und wohnt in der Winterfeldstraße. Okt. Schreibt in Paris das Vorwort zu A.J.B. Parent-Duchatelets ›Sittenverderbnis und Prostitution des weiblichen Geschlechts in Paris unter Napoleon I.‹.
1914 Nov. Besucht Franz Jung im Lazarett Zülichau. 21.11. Letzte Veröffentlichung in ›Die Aktion‹. 14.12. Trifft Franz Jung im Berliner Café des Westens und stellt ihm ein fingiertes ärztliches Attest aus.
1915 11.2. Meldet sich in Zürich an. 21.3. Mitarbeit an der von Hugo Kersten und Emil Szittya herausgegebenen Zeitschrift ›Der Mistral‹. Erste Prosaveröffentlichung unter dem Pseudonym Wladimir Senakowski. 26.4. Gibt die dritte und letzte Nummer des ›Mistral‹ heraus. Sommer Bekanntschaft mit dem Künstler Christian Schad. JuIi/Aug. Aufenthalt in Genf und Bern. 1.10. In Zürich erscheint die erste Ausgabe seiner ›Monatsschrift für Literatur und Kunst‹ ›Sirius‹. Nov. Der ›Sirius- Verlag‹ publiziert eine ›Christian Schad-Mappe‹ mit 10 Holzschnitten.
1916 1.5. Achtes und letztes Heft des ›Sirius‹ erscheint.
1917 Mai/Juni Aufenthalt in Genf bei Christian Schad. 25.6. Rückkehr nach Zürich. Schließt sich dem Dada-Kreis an.
1918 Niederschrift des Dada-Manifests ›Letzte Lockerung‹ in Lugano. 27.11. Meldet sich aus Zürich nach Genf ab.
1919 Febr. Abschluß der seit ca. 1914 entstandenen Geschichtensammlung ›Zum blauen Affen‹. 28.2. Verläßt Genf und kehrt am 7.3. nach Zürich zurück. 9.4. Tritt in der 8. Dada-Soirée im Saal Kaufleuten auf. 15.5. ›Letzte Lockerung manifest‹ erscheint in der ›Anthologie Dada‹; Ankündigung der Zeitschrift ›Hirngeschwuer‹. Juni Ankündigung der Zeitschrift ›Der Zeltweg‹, Herausgeber: Otto Flake, Serner und Tristan Tzara. 26.9. Übersiedelt endgültig nach Genf. Nov. ›Der Zeltweg‹ erscheint. 2.12. Eröffnet den ›Ersten Weltkongreß der Dadaisten‹ in Genf.
1920 Jan. Nimmt Kontakt mit dem Verleger Paul Steegemann auf und schickt ihm ›Letzte Lockerung‹ und ›Zum blauen Affen‹. 1.2. ›Exposition dadaistes Gustave Buchet/Christian Schad‹ im Genfer Salon Néri eröffnet. 5.3. Veranstaltet ›Grand Bal Dada‹ in der Salle Communale de Plainpalais. 1.4. Ausstellung Francis Picabia/Georges Ribemont-Dessaignes im Salon Néri eröffnet. Mai Erhält einen tschechischen Reisepaß. 20.5. Serner-Manifest ›Le Corridor‹ wird beim ›Festival Dada‹ in Paris vorgetragen und in der Zeitschrift ›Littérature‹ abgedruckt. Sommer ›Letzte Lockerung Manifest Dada‹ erscheint bei Steegemann in Hannover als Band 62/64 der Reihe ›Die Silbergäule‹. Okt. Ankunft in Paris. 12.10. Besuch bei André Breton. Tristan Tzara kehrt von einer längeren Reise nach Paris zurück. 20.10. Verabredung mit Tzara im Café de la Closerie des Lilas. Kurz darauf verläßt Serner die Stadt und besucht Christian Schad in Neapel. 19.11. Im ›Berliner Börsen-Courier‹ erscheint ein fiktiver Bericht über einen von Dr. Serner geleiteten ›Zweiten dadaistischen Weltkongreß in Paris‹. 25.11. Serner ist wieder in Paris und widerruft in einem Brief an Picabia seine Mitwirkung an der geplanten Anthologie ›Dadaglobe‹. 9.12. Besucht die ›Vernissage Picabia‹ in der Pariser Galerie Provolozky. Wenige Tage später wird er in einem von Tzara, Picabia und Ribemont-Dessaignes unterzeichneten Brief an den ›Berliner Börsen-Courier‹ als größenwahnsinniger Außenseiter bezeichnet.
1921 Jan. ›Zum blauen Affen‹ erscheint als Band 91/98 der ›Silbergäule‹. Darin Ankündigung eines Dada-Romans ›Das fette Fluchen‹. 31.1. Kündigt in einem Brief an Picabia seine baldige Abreise aus Paris an. Anschließend erneuter Aufenthalt in Neapel mit Christian Schad. Ende April Rückkehr nach Deutschland. Trifft Schad in Frankfurt wieder, besucht seinen Verleger in Hannover und reist dann nach Berlin weiter. Schreibt ›Die Tigerin‹. Winter Besuch bei Schad in München.
1922 Febr. Aufenthalt in Dresden, Rückkehr nach München und anschließend Urlaub mit Schad am Tegernsee. Der Steegemann Verlag annonciert ›25 Kriminalgeschichten‹ mit dem Titel ›Der isabelle Hengst‹. 5.8. Erhält in Cheb (Eger) einen ›Entlassungsschein‹ des 33. Reservistenbataillons der Infanterie ausgestellt. Sommer ›Der elfte Finger‹ abgeschlossen; Reisen in Italien; Aufenthalt in Genua mit Christian Schad.
1923 17.1. Erhält beim tschechischen Konsulat in Frankfurt einen neuen Reisepaß. 10.- 23.3. Aufenthalt in Wien; meldet sich nach Frankfurt ab und reist dann weiter nach Paris. Frühjahr ›Der elfte Finger‹ und eine überarbeitete Neuauflage von ›Zum blauen Affen‹ erscheinen bei Steegemann. .Juli Aufenthalt in Innsbruck.
1924 Trennt sich von seinem Verleger Steegemann. Nov. Aufenthalt in Florenz.
1925 Jan. Im Berliner Elena Gottschalk Verlag erscheinen ›Die Tigerin‹ und der Dorothée Herz gewidmete Band ›Der Pfiff um die Ecke‹, letzterer wird vorübergehend beschlagnahmt. 10.3. ›Tolle Nacht‹ des Elens Gottschalk Verlages im Berliner Kabarett ›Schall und Rauch‹, Unter den Einladenden: ›Walter Serner (Barcelona)‹. 6.4. Tod Berthold Seligmanns. 10.5. Theodor Lessing veröffentlicht im ›Prager Tagbiatt‹ einen Brief Steegemanns, in dem Serner als internationaler Hochstapler und Bordellbesitzer bezeichnet wird. Juni Autobiographische Skizze ›Ich‹ erscheint in der Zeitschrift ›Die neue Bücherschau‹. Juli Erste Attacken der antisemitischen Presse gegen den »schriftstellernden jüdischen Mädchenhändler«. Schreibt ›Posada oder der große Coup im Hotel Ritz‹. 2.11. Neuer Reisepaß vom tschechischen Konsulat Zürich. Winter Der Elena Gottschalk Verlag geht in Konkurs
1926 3.6. Meldet sich, von Lyon kommend, im Hotel de la Paix in Montreux an und beendet dort die Niederschrift des Bandes ›Die tückische Straße‹. Anfang September Abmeldung nach Basel. 12.9. Kommt von Basel nach Wien und reist am 22.10. mit unbekanntem Ziel weiter. Ende Nov. ›Posada‹ und ›Die tückische Straße‹ erscheinen als Privatdrucke in Wien und werden über ein Berner Postfach vertrieben. 22.12. Widmet Kurt Pinthus in Bern ein Exemplar des ›Posada‹.
1927 17.2. Meldet sich, aus Wien kommend, in Bern an. 6.3. Uraufführung und einzige Vorstellung von ›Posada‹ im Berliner Theater am Zoo. 4.4. Meldet sich aus Bern nach Genf ab. Anschließend höchstwahrscheinlich Reise nach Berlin; Abschluß eines neuen Vertrages mit Steegemann über eine siebenbändige Gesamtausgabe seiner Bücher. 19.8. Bezieht eine Genfer Pension und beendet dort die Niederschrift der erweiterten Neufassung von ›Letzte Lockerung‹. Revision der Erstausgaben von ›Posada‹ und ›Die tückische Straße‹. Korrespondenz mit Christian Schad, der die neuen Buchumschläge entwirft. Ende Dez. Die ersten Bände der Werkausgabe ›Die Bücher von Walter Serner‹ erscheinen.
1928 31.7. Kündigt in einem Brief an Paul Steegemann die ersten Kapitel eines Romans über einen internationalen Herrenschneider an. 28.9. Meldet sich aus Genf nach München ab.
1929 22.3. Trifft, aus Locarno kommend, in Zürich ein. 26.4. Meldet sich nach Osterreich ab, wird jedoch Ende April von Paul Eluard noch in Genf gesehen. 13.9. Anmeldung in Prag. 15.11. Läßt bei der Prager Polizeidirektion seinen Reisepass verlängern.
1930 13.1. Meldet sich, aus Marienbad kommend, erneut in Prag an. 2.8. Abmeldung nach Karlsbad. 19.-29.8. Aufenthalt in Wien, Weiterreise mit unbekanntem Ziel.
1931 5.9. Antrag des Landesjugendamtes der Rheinprovinz, ›Die Tigerin‹ in die Liste der Schund- und Schmutzschriften aufzunehmen. 24.11. Der Antrag des Landesjugendamtes wird von der Berliner Prüfstelle abgelehnt. 1933 22.1. Antrag des Landesjugendamts München, fünf Bücher Serners in die Liste der Schund- und Schmutzschriften aufzunehmen. 8.3.-10.4. Aufenthalt in Zürich, Weiterreise nach Osterreich. 25.4. Dem Antrag des Münchner Landesjugendamts wird von der Berliner Prüfstelle stattgegeben. Heinrich Fischer trifft Serner in Prag. 28.12. Die ›Deutsche Zentralstelle zur Bekämpfung unzüchtiger Bilder, Schriften und Inserate‹ in Berlin ordnet die Beschlagnahmung der vier Erzählungsbände Serners an. 1935 Okt. ›Sämtliche Schriften‹ Serners erscheinen in der ›Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums‹ der Reichsschrifttumskammer.
1937 8.10. Ubernachtung im Wiener Hotel Belvedere; gibt als ordentlichen Wohnsitz und bisherigen Aufenthaltsort Barcelona an.
1938 5.2. Heiratet (an einem unbekannten Ort) die Berlinerin Dorothea Herz. 2.9. Meldet sich in Prag unter der Adresse Revolucni 30 an.
1939 11.1. Bezieht eine Wohnung in der V. Kolkovnê 5 (später ›Leimergasse‹ genannt). 21.3. Beantragt bei der Polizeidirektion ein Leumundszeugnis zwecks ›Auswanderung‹, das am 4.4. ausgestellt wird.
1940 13.10. Walter und Dorothea Serner beantragen erneut Leumundszeugnisse zwecks ›Auswanderung nach Shanghai‹, die am 19.12. ausgestellt werden.
1942 10.8. Deportation des Ehepaares mit dem Transport ›Ba‹ nach Theresienstadt. 20.8. Erneute Deportation mit dem Transport ›Bb‹; Bestimmungsort unbekannt.

 

Zeitgenössische Verlagswerbung:

Die Namen EDGAR WALLACE auf der einen, FRANK HELLER und SVEN ELVESTAD auf der anderen Seite geben heute die Richtung an, in der es weiter geht. Zu ihnen gesellt sich ein Mann, der eine ganz einzigartige Stellung in der internationalen Kriminalliteratur einnimmt, und der leider noch lange nicht den Ruf hat, den er eigentlich verdient. Das ist WALTER SERNER, dessen spannende Bücher im Verlag von Paul Steegemann, Berlin, erschienen sind. Er rettet im gewissen Sinne den Ruf der Romantik der Unterwelt. Er destilliert aus der Wirklichkeit des modernen Verbrechers die Essenz, die ihn von neuem anziehend macht.

Aus seinen Frauen und Männern wächst der deutschen Kriminalliteratur ein NEUER TYP zu. Walter Serner ist beute bald vierzig Jahre, aber die Welt weiß noch recht wenig von ihm, höchstens ein paar Legenden. Er ist ein Mann, immer unterwegs, immer mit scharfen Augen mitten im europäischen Verkehr, nicht leicht zu verblüffen, auf Du und Du mit den gefährlichsten Typen der Großstädte und ohne besonderen Beruf. Man hat ihm zwar angedichtet, daß er Besitzer verrufener Häuser sei oder auch weißrussischer Verschwörergehilfe, aber das ist Anekdote. SERNER ist lediglich ein Reisender durch die Unterwelt. Freilich kein Orpheus, sondern ein kesser Reporter, der um die seelischen Verflechtungen auch der mit allen Wassern gewaschensten Menschen weiß, der die abruptesten Episoden der Hochstaplerwelt, der Detektivabenteuer, der Spionage und der Kaschemmengeheimnisse mit einer in eisklare Ironie getauchten Feder notiert und in der zweischneidigsten Situation nicht die innere Balance verliert. Sein Roman ,,DIE TIGERIN“ ist das stärkste und konzentrierteste Gift derr Wahrheit, das jemand aus der Atmosphäre des pariser Montmartre destillieren konnte. Die andern Bücher: "Die tückische Straße“, "Der Pfiff um die Ecke“, "Zum blauen Affen“, "Der Elfte Finger“, das Gaunerstück "Posada“ oder "Die Letzte Lockerung“, das Brevier für Hochstapler, sind von einer bunten Gallenbitterkeit, die ihnen einen substanzstarken Gehalt gibt.

Der TAG DES ERFOLGES wird auch für Walter Serner kommen, für diesen Schöpfer einer vorbildlichen, spannenden Unterhaltungslekture.        Dr. Manfred Georg

 

Serners Selbstrezension unter dem Namen des befreundeten Malers Christian Schad:

Hanebüchene Geschichten
Eine Kritik von Christian Schad, Frankfurt a. M.

I.

Es sind ihrer nicht weniger als dreiunddreißig. Alle dreiunddreißig sind kurz, witzig, fein, neu und gemein [locker]. Ihre Helden sind zarte Lumpen, überlegene Cocainisten, amüsante Tagediebe, geistreiche Zuhälter [Kokotten], trickschwangere Sadisten, graziöse Verbrecher. Jede dieser dreiunddreißig Geschichten ist wirklich hahnebüchen. (Sie sind unter dem überaus treffend gewählten Titel ,,Zum blauen Affen“ bei Paul Steegemann in Hannover erschienen und kosten zwanzig Mark.) Ihr Verfasser ist der einigermaßen bekannte, sogar etwas berüchtigte Doktor Serner aus Karlsbad in Böhmen.

II.

Ich begegnete diesem Herrn das letzte Mal vor dem Kaffee Esposito auf der Piazza S. Ferdinando in Neapel. Er ergriff nicht meine ihm herzlich entgegengestreckte Hand, lüftete nicht seinen Hut, er fixierte meine Krawatte, als drohe ihm von ihr ein gefährlicher Angriff, und sagte plötzlich sehr leise, aber dennoch deutlich: ,,Sie deutscher Maler, wenn Sie sich eine Hühnerleiter in den Himmel und eine Treppe in mein Herz bauen wollen, so setzen Sie sich augenblicklich so neben mich, als wären Sie mir von Gnaden der umbrischen Polizei beigegeben. Und wie geht es Emma, dem lieblichen Mädchen?“ . . . Er ist wirklich so wie seine Geschichten: kurz, witzig, fein, neu und manchmal auch ein bißchen gemein [locker].

III.

Dies wird er mit Vorliebe, wenn man ihn daran erinnert, daß er einmal das war, was er jetzt mit einer unnachahmlichen Krümmung der Unterlippe — seriös heißt. Dann beginnt seine Stimme, die man schwerlich vergißt, sich zitternd zu füllen, seine schlanken Finger verknüpfen sich fast und aus dem Gehege seiner Zähne bricht, wohl kontrolliert, eine wahre Flut vorzüglich stilisierter und noch weitaus vorzüglicher pointierter schwerer Anwürfe gegen alles, was da seriös sich gehabt, Seriöses startet und schwindelt und trickt und pathetet und dichtet und beischläft [küßt] und kurz, er wird ein bißchen gemein [locker]. Aber er hat ein bißchen recht. Und er hat sehr recht, wenn man diesen meisterhaften Ausbruch auf das ergiebige Gebiet der jüngsten deutschen Dichtung lockt und nicht zuletzt auf das der Malerei. Dann hat er dermaßen recht, daß man daheim seine Bilder noch einmal besichtigt und nach langen Minuten inneren Kampfes . . . zwar fest bleibt, aber dem böhmischen Doktor dankbar ist und sich bekümmert fragt: ,,Was wird er nun wieder in Syrakus machen?“

IV.

Er ist nämlich konstant unterwegs. So wie seine Geschichten, in denen konstant jemand ankommt und wieder abreist und zwischendurch die hahnebüchensten Dinge sagt und tut. Es ist billig, zwanzig Mark zu bezahlen, um sie zu erfahren und die Erfahrung zu machen, daß es mehr Dinge zwischen Bett und Kaffeehaus gibt, als manch eines Schulweisheit sich träumen läßt. Und daß ein Schriftsteller, der die virtuose Beherrschung seiner Sprache hinter gewagten Saloppheiten verbirgt und die bewundernswerte des Lebens an dessen Gelichter erprobt, kein Dichter sein muß, um es zu sein.

 


©  für die Darstellung des Lebenslaufs: Thomas Milch, der Serner wiederentdeckt hat und ein Serner-Archiv betreibt
Quelle: Ausstellungskatalog des Berliner Literaturhauses 1989