Dieter Kuhn, der Verfasser einer Untersuchung zu Schmidts politischer
Haltung, fühlte sich boykottiert von "den Schmidt-Fundis" bei der
Materialsammlung für seinen Kommentarband zu "Aus dem Leben eines
Fauns". - Neben dem ursprünglichen "Dechiffriersyndikat" um den
Bargfelder Boten gibt es wenigstens noch die GASL (Gesellschaft der Arno-Schmidt-Leser)
...
Merkwürdig an den Zusammenrottungen (weniger "Sekte", da Schmidt
keine "Lehren" verkündet, jedenfalls nicht explizit) um diesen Autor
ist doch, daß all die vielen Leute kaum etwas Haltbares zustande gebracht haben.
- Es gibt keine vernünftige Untersuchung zu Schmidts Sprache bis heute,
zu Schmidts Hauptsache also, von Anfang an; trotz der Untersuchung von Barbara
Malchow, die zum Teil nicht hat nutzen können, was sie gefunden hat (charakteristische
Differenz zur scheinbar stilbildenden Gesprochenen Sprache, noch weniger
logisch-syntaktische Anschlüsse als diese usw.), zum Teil zu merkwürdigen
Ergebnissen kommt ("Impressionismus" der Schmidtschen Sprache),
und zum Teil ganz primitive Fehler enthält (falsche Datierung von "Pocahontas"
meiner Erinnerung nach, worauf aber ein Teil ihrer Argumentation beruht,
ein Lektorat findet wohl nicht statt?).
- Damit zusammenhängend: Es gibt keine Untersuchung zu seiner ebenso auffälligen
Metaphorik, (atypische Massen davon, verglichen mit seiner Epoche), von
diversen Bauklötzchen-Sammlungen der Mondmetaphern abgesehen
- Es gibt keinen Versuch, seine literarische Traditionskonstruktion zu
untersuchen, die ja wohl nicht so zufällig ist, kein blosses Sammelsurium.
- Es gibt keinen Versuch der Auseinandersetzung mit dem besten (immer
noch ziemlich fragwürdigen) Stück über Schmidt, dem von Oswald Wiener, auch
nicht von Herrn Drews (zuviele Prüfungen?). Noch ein zu anspruchsvolles
Thema?
- Hat nicht Herr Drews schon vor Jahren ein Lebenswerk zur Schmidt-Rezeption
angeekündigt? Der Bargfelder Bote wirkt wie eine Fliegenfalle für Rezeptionsphänomene,
aber die Verdauung derselben läßt auf sich warten.
- Was haben die Leute aber gemacht die ganze Zeit? Mit Schmidts Texten
Bauklötzchen gespielt, anstatt zu untersuchen, was Schmidt mit seinen
"Bauklötzen" gebaut hat? Woraus die Bauklötzchen gemacht sind?
Sekte oderKindergarten? Die neueste Variante dieses Bauklötzchenspiels ist
auf der Ahlden-Seite
zu bewundern. "Das hats wirklich gegeben" ist alles, was dabei
herauskommt. Liebe denkt in süßen Tönen / Und Gedanken stehn ihr fern.
Man kann sich Schmidt auch manchmal überlegen fühlen, wegen seiner
manchmal beschränkten Meinungen. Das eint (unausgesprochen) auch.
Es sind nicht seine "Meinungen" - die sind öfter ziemlich zufällig,
nicht nur die "politischen". Es sind nicht seine Texte als Rätselspiele
- die sind, soweit es überhaupt welche sind, öfters ziemlich öde, Bluff und
Tarnung. Es ist auch nicht sein "Erzählmuster" - das ist ziemlich
traditionell.
Es ist seine Sprache, deren Rhythmus, Ton und vor allem
Energie (jedenfalls in den Stücken aus den 50er Jahren). Ja, wer die
Musik erklären könnte, oder wenigstens beschreiben, würde sich Verdienste erwerben.
Die Frau Malchow mit ihren Statistiken ("Schärfste Wortkonzentrate ...
") war mal dahin unterwegs, besonders wo es um den Vergleich mit der gesprochenen
Sprache ging. .... (ihre Schlußfolgerungen sind allerdings fragwürdig, und wenigstens
eine Datierung - die der "Pöcahontas", glaube ich, falsch.)
sm
(HD)