Kuppelsystem   Das Schema war grobschlächtig und entbehrte aller Nuancen, was zu ihrer autoritären Art paßte. Gleichwohl gründete die Bordellmutter ihr Kuppelsystem nicht vor allem auf die landläufige Meinung, gleich und gleich geselle sich gern, sondern auf die Gegensätzlichkeit der Partner.

Zum Beispiel hielt sie es für ausgemacht, daß ein beleibter Mann an einer schlanken Frau Gefallen finden mußte. Und Mädchen, die im Fach noch unbewandert waren, das Gewerbe noch nicht genügend beherrschten, schienen nach ihren Maßstäben für genießerische alte Herren reserviert zu sein. Auf die Jünglinge unter ihrer Kundschaft ließ sie die schwersten Frauen des Hauses los; das mußte klappen, dachte sie. Viel Mühe hatte es sie gekostet, den Geschmack jener schlanken Männer festzustellen, die, glattrasiert, ihr Alter geheimnisvoll zwischen fünfundzwanzig und fünfundvierzig verstecken; doch sie half sich rasch durch kurze und eigenmächtige Entscheidungen aus der Verlegenheit, teils indem sie die ihr — mangels anderer - nun willkommene Volksweisheit der Farbgegensätze (blond und schwarz) anwandte, teils unter Zuhilfenahme psychisch-zerebraler Wertamalgame. Ika Loch erhob nämlich folgende Vermutung zu ihrem Leitsatz: glattrasierte Männer sind wenn nicht pervers, so zumindest raffiniert. Wenn ich noch hinzufüge, daß nach dieser simplifizierenden Schematik Perversion P = R3 (Raffinement) ist, so wird verständlich, daß Ika Loch glaubte, die Bedürfnisse ihrer Kunden durch lediglich verschieden dosiertes Raffinement befriedigen zu können; denn sie kannte nur graduelle Unterschiede zwischen Perversität und Raffinement.  - Paul van Ostaijen, Grotesken. Frankfurt am Main 1967 (es 202, zuerst 1926)

 

System Kombinatorik Kupplerin

 

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