Krieg, okkulter   Marquis Stanislas de Guaita, freilich ein wenig verläßlicher Bürge, hat in seinem Buch ›Le Temple de Satan‹ angedeutet, welche Riten hier gefeiert worden sein sollen. In sexuellen ›Weihehandlungen‹, die Boullan ›Bereinigung des Lebens‹ nannte, sei auch der Geschlechtsverkehr mit ‹überirdischen Wesenheiten‹ vollzogen worden. Allerdings war Stanislas de Guaita für vierzehn Tage im November 1886 tatsächlich bei Boullan und seinen Leuten zu Gast. Er hatte sich dort eingeführt, um esoterische Spionage zu betreiben. Noch zwei weitere Neuankömmlinge hintergingen den Ex-Abbé in ähnlicher Weise: der ›Priester‹ Canon Roca, der die Zeitschrift ›L'Anticlerical‹ herausgab, und Oswald Wirth (1860-1943), der berühmte Okkultist, Magnetiseur, Tarotforscher und Hochgradfreimaurer. 1887 tauschten Guaita und Wirth ihre Erfahrungen bei Boullan aus. Am 24. Mai 1887 teilten beide dem Abbe mit, daß er unter Eingeweihten für schuldig befunden und somit ein Verdammter sei.

Boullan rüstete daraufhin zu jenem okkulten Krieg, der als Kuriosum in die Geschichte der Magie eingegangen ist. Jules Bois, ein Anhänger Boullans (und der spätere Freund Huysmans') berichtet, daß sich Boullan hinter einem Bollwerk von Verwünschungen, Zauberformeln und okkulten Schutzpraktiken verborgen hielt und sich durch die hellsichtige Julie Thibault jeweils unterrichten ließ, was seine Feinde trieben. Die Seherin berichtete ihm prompt von schwarzen Messen, die seine Widersacher feierten, um ihm zu schaden. Sie behauptete, sie würden ein Porträt Boullans in einen Sarg legen, um ihn so magisch zu töten.

Boullan setzte diesen Anfechtungen eine Zeremonie entgegen, die er ›das glorreiche Opfer des Melchisedek‹ nannte. Nach einer Schilderung von Jean Bricaud ging dies folgendermaßen vor sich: »Auf einem Altar, der aus einem Tisch und einem hölzernen Tabernakel in Gestalt eines Häuschens bestand, das von einem Kreuz überragt war mit der Figur des Tetragramms darin, hatte Boullan den silbernen Kelch, die ungesäuerten Brote und den Wein bringen lassen. Dann zog er seine priesterlichen Gewänder an: ein langes, rotes Gewand, das in der Taille von einer weiß-roten Gürtelschnur zusammengezogen wurde, und einen Mantel, der an der Brust in Form eines umgekehrten Kreuzes ausgeschnitten war; dann hatte er die Seherin, Madame Thibault, eingeschläfert. Madame Laure, von der ich diese Einzelheiten erfuhr, saß neben dem Altar, bereit, ihrerseits in den somnambulen Schlaf versenkt zu werden, sofern es nötig sein sollte, während Huysmans vor dem Altar saß. Dann hatte Boullan barhäuptig und barfuß die Opfergebete gelesen. Im Augenblick der Konsekration hatte er die linke Hand auf den Kopf Huysmans' gelegt; dann, während er seine andere Hand, in der er seine Hostie hielt, gen Himmel streckte, hatte er die Großen Erzengel, die Schwertkämpfer und Unbesiegbaren angefleht, die bösen Geister in Fesseln zu schlagen und die Zauberer niederzuschmettern. ›Schmettert de Guaita nieder! Schmettert de Guaita nieder!‹ rief Boullan. Dann hatte er die Hand Huysmans' auf den Altar gelegt und dreimal das Verwünschungsgebet gesprochen, das die gottlosen Altäre umstoßen und die Satansdiener treffen sollte. Dann hatte das Opfer sein Ende genommen, nachdem das ungesäuerte Brot und der Wein dem Verhexten gereicht worden war.« - Manfred Ach, Nachwort zu: Joris-Karl Huysmans, Tief unten. Zürich 1987

 

Krieg Okkultismus

 

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