reisel
Ein Philosoph trieb sich immer dort herum, wo
Kinder spielten. Und sah er einen Jungen, der einen Kreisel hatte, so lauerte
er schon. Kaum war der Kreisel in Drehung, verfolgte ihn der Philosoph, um ihn
zu fangen. Daß die Kinder lärmten und ihn von ihrem Spielzeug abzuhalten suchten,
kümmerte ihn nicht, hatte er den Kreisel, solange er sich noch drehte, gefangen,
war er glücklich, aber nur einen Augenblick, dann warf er ihn zu Boden und ging
fort. Er glaubte nämlich, die Erkenntnis jeder Kleinigkeit, also zum Beispiel
auch eines sich drehenden Kreisels, genüge zur Erkenntnis des Allgemeinen. Darum
beschäftigte er sich nicht mit den großen Problemen, das schien ihm unökonomisch.
War die kleinste Kleinigkeit wirklich erkannt, dann war alles erkannt, deshalb
beschäftigte er sich nur mit dem sich drehenden Kreisel. Und immer wenn die
Vorbereitungen zum Drehen des Kreisels gemacht wurden, hatte er Hoffnung, nun
werde es gelingen, und drehte sich der Kreisel, wurde ihm im atemlosen Laufen
nach ihm die Hoffnung zur Gewißheit, hielt er aber dann das dumme Holzstück
in der Hand, wurde ihm übel und das Geschrei der Kinder, das er bisher nicht
gehört hatte und das ihm jetzt plötzlich in die Ohren fuhr, jagte ihn fort,
er taumelte wie ein Kreisel unter einer ungeschickten Peitsche.
- (kaf)
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