Krankenschwester


 

- Bernard Montorgueil

Krankenschwester (2)   Eine der Klientinnen Hoffmanns war Helmina von Chézy, eine jener Kleinadelsfrauen, die während der antinapoleonschen Kriege als freiwillige Krankenpflegerinnen einen Einblick in den grausamen Alltag derer tun konnten, die ihren Fürsten die Kastanien aus dem Feuer holten, der Füsiliere und Musketiere. Sie muß in den rheinischen Feldlazaretten unglaubliche Mißstände erfahren haben, denn sie schreibt eine detaillierte Beschwerde an den General von Gneisenau, der ihre Anschuldigungen nachprüfen läßt und sie für zutreffend befindet. Und nun tritt ein, was in solchen Fällen nun einmal eintritt: Die Herren Militärs hängen der Frau prompt einen Prozeß wegen Beleidigung an, wegen Verleumdung, Ehrabschneidung, Nestbeschmutzung und so weiter - man pflegt, und zumal auf diesem Sektor, in Deutschland da auf Kritik nicht eben sehr freundlich zu reagieren. Die Gegenklage kommt natürlich durch; Frau von Chézy wird zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und hätte unfehlbar ins Loch gemußt, wäre ihre Berufung nicht von Hoffmann bearbeitet und zu einem Freispruch gebracht worden.

Frau von Chézy in ihren Memoiren: »Durch die umsichtige Führung Hoffmanns behielt meine Rechtssache ihren festen Gang. Die Verhöre, welche ich zu bestehen hatte, wurden in einem rechtlichen Sinne geleitet. Die Protokolle, höchst geistreich aufgesetzt, sollten gedruckt werden, ich fürchte, sie sind vernichtet. Hoffmann war ganz vom Ernst und der Würde seiner Mission durchdrungen. Eine unschuldig peinlich angeklagte unbescholtene Frau ... mußte aus einem höllischen Gewebe herausgezogen werden, um nicht durch Schmach und Gefängnis ihre Bestrebungen für eine gute heilige Sache zu zahlen.«

Ernst und Würde - das sind Worte, die mir gefallen, und ich finde sie für Hoffmann angebracht, für den Wilhelm wie auch für den Amadeus. Was den Wilhelm angeht, hier das Ergebnis: »Erkenntnis des Kammergerichts. Auf die von dem Kammergerichtsrath Hoffmann wider die verehelichte von Chezy ... geführte Untersuchung erkennt der Kriminal-Senat des königlichen Kammergerichts ... den Akten gemäß für Recht: Daß ... Wilhelmine Christiane verehelichte von Chezy ... von dem Vorwurfe, die Invaliden-Prüfungscommission zu Cöln beleidigt zu haben, völlig frei zu sprechen, und die Kosten der Untersuchung niederzuschlagen. Von Rechts wegen.«   - Franz Fühmann, Ernst Theodor Wilhelm Amadeus Hoffmann. Nach: F.F., Den Katzenartigen wollten wir verbrennen. München 1988 (dtv 10844)

Krankenschwester (3)

Krankenschwester (4)   Auf zwei Frauen von Kreuzstraßl, die sich einbildeten, Krankenschwestern zu sein und so zu überleben glaubten, indem sie in weißen Schürzen und weißer Haube mit dem roten Kreuz auf der Suche nach Kranken waren, hatte ich es schon lange abgesehen. Als sie am Straßenrand eine seltene Pflanze bestaunten, einen Türkenbund, der dort zwischen Brennnesseln wuchs, belauschte ich sie:

Mir hängt der Nachtdienst ohne Patienten schon zum Hals heraus. Weißt, ein einziges Mal wieder einen echten Kranken. Aus dem Zimmer wieder einmal eine Bettschüssel tragen schwer von Scheiße. An dem letzten sein käsiges Gesicht und seine runzlige Haut wenn ich nur drandenk! Den gebrochenen Blick, den er schon gehabt hat, als wir ihn aufgegabelt haben. Der war auch ohne uns gestorben. Ich habe es satt, das ewige Leichenabwaschen. Ich möchte einmal wieder einen jungen Mann pflegen!

Ich tat am liebsten schon ein Kind pflegen. Wenn du ohnmächtig dabeistehst, wenn so ein Kind an Difterie erstickt! Wenn es sich an dich klammert und du kannst ihm nicht helfen! So eine Tragik! Es stirbt dir an der Brust und du weinst, da sagt der liebe Kerl zum Schluß: Wer wird denn weinen, wenn man in den Himmel geht. Das ist auch für eine Krankenschwester ein Trost. Deswegen haben wir ja diesen Beruf gewählt. Wir haben ein Recht auf diese Erlebnisse, wenn wir auch nicht ausgebildet sind.   - Herbert Achternbusch, Die Stunde des Todes. Frankfurt am Main 1975

 

Krankenpfleger

 

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