- Albrecht Dürer, nach: Colin Eisler, Dürers Arche Noah. Tiere und Fabelwesen im Werk
von Albrecht Dürer. München 1996 (zuerst 1991)
Kopfschuß (2) Apollon
wußte, daß Orion die Einladung der Eos, ihr Lager auf der heiligen Insel Delos
zu teilen, nicht ausgeschlagen hatte. Noch immer errötet die Morgendämmerung,
wenn sie dieser Unschicklichkeit gedenkt. Außerdem hatte Orion sich gebrüstet,
die ganze Erde von wilden Tieren und Ungeheuern säubern zu wollen. Apollon fürchtete
daher, daß wie Eos auch seine Schwester Artemis den Reizen Orions erliegen könnte.
Er ging zur Mutter Erde und wiederholte hämisch Orions Prahlereien. Dann hetzte
er einen riesenhaften Skorpion auf ihn. Orion griff das Untier zuerst mit Pfeilen,
dann mit seinem Schwert an. Als er erkannte, daß dessen Panzer für die Warfen
der Sterblichen undurchdringbar sei, tauchte er ins Meer und schwamm nach Delos.
Dort, so hoffte er, würde Eos ihn beschützen. Aber Apollon rief Artemis zu:
«Siehst du dort etwas Schwarzes, weit weg im Meere, in der Nähe von Ortygia?
Es ist der Kopf eines Schuftes, der Kandaon heißt. Soeben hat er Opis, eine
deiner hyperboreischen Priesterinnen, verführt. Durchbohre ihn doch mit einem
deiner Pfeile!» Nun war Kandaon Orions boiotischer Kosename, aber Artemis wußte
das nicht: Sie zielte und ließ den Pfeil schwirren. Dann schwamm sie ihm nach,
um ihre Beute zu fassen. Da sah sie, daß sie Orion durch den Kopf geschossen
hatte. Voller Verzweiflung flehte sie Apollons Sohn Asklepios an, ihn wieder
zu beleben. Asklepios war bereit, dies zu tun, aber ehe er ihre Bitte erfüllen
konnte, wurde er von einem Blitz des Zeus getötet. Da setzte Artemis Orions
Bild unter die Sterne, ewig verfolgt vom Skorpion. Sein Geist war bereits zu
den Asphodelischen Wiesen hinabgestiegen. - (
myth)
Kopfschuß (3)
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