omödie    Der Kardinal lächelte bösartig, die Königin aber geriet in Zorn und stieß mit ihrer hohen und grellen Stimme tatsächlich die Worte aus: »Es ist schon Empörung darin, Empörung für möglich zu halten; das sind die lächerlichen Erfindungen derer, die sie wünschen. Aber die königliche Gewalt wird da Ordnung schaffen.« Der Kardinal, der mir ansah, daß mich diese Äußerung denn doch einigermaßen erschütterte, ergriff hier das Wort und erwiderte der Königin mit dem süßesten Ton; »Wollte Gott, Madame, daß ein jeder mit der Aufrichtigkeit des Herrn Koadjutors spräche! Er ist in Sorge um seine Gemeinde; in Sorge um die Stadt; in Sorge um das Ansehen Eurer Majestät. Ich bin überzeugt, daß die Gefahr nicht so weit gediehen ist, wie es sich ihm darstellt; aber Bedenklichkeit in solchem Falle ist bei ihm löblichste Gewissenhaftigkeit.« Sofort faßte die Königin, mit dem Rotwelsch des Kardinals wohl vertraut, sich wieder: sie sagte mir allerlei Verbindliches, und ich antwortete aufs ehrerbietigste und mit so ahnungsloser Miene, daß Rivière dem Bautru, der es mir vier Tage später weitererzählte, ins Ohr sagte: »Sehen Sie, was es heißt, nicht Tag und Nacht in diesem Klima zu leben. Der Koadjutor ist ein Mann von Welt; er hat Geist: und er nimmt für bare Münze, was die Königin ihm da sagte.« In Wirklichkeit spielte alles in diesem Kabinett Komödie: ich stellte mich arglos, und war es nicht, zumindest nicht in dieser Sache; der Kardinal stellte sich unbesorgt, und war es nicht ganz so sehr, wie er es scheinen wollte; es gab ein paar Augenblicke, da heuchelte die Königin Güte, und nie war sie so voll Bitterkeit; Herr von Longueville trug Trauer zur Schau, und freute sich erheblich, denn keinem Menschen in der Welt machte es mehr Spaß, wenn irgendwelche Verwicklungen sich anspannen; der Herzog von Orleans gab sich das Ansehen leidenschaftlicher Anteilnahme, während er mit der Königin sprach, und nie hörte ich ihn unbeteiligter pfeifen als während der halben Stunde, die er sich im kleinen grauen Zimmer mit Guerchi unterhielt; der Marschall von Villeroi war aufgeräumt, aus Liebedienerei für den Minister, und mir gestand er insgeheim, Tränen in den Augen, der Staat befinde sich am Rande des Abgrunds; Bautru und Nogent trieben Narreteien und produzierten sich, der Königin zu Gefallen, als die Amme des alten Broussel (denken Sie, bitte recht sehr, daran, daß er achtzig Jahre alt war), wie sie das Volk zum Aufstand hetzt, und dies alles, obwohl sie beide sehr wohl wußten, daß es von ihrem Possenspiel nicht weit zur Tragödie war. Einzig und allein der Abbé de la Rivière war wirklich der Meinung, die Aufregung des Volkes sei nur Strohfeuer: er bestand darauf der Königin gegenüber, die ihm gern hätte glauben wollen, auch wenn sie noch so sehr vom Gegenteil überzeugt gewesen wäre; nun war die Königin, ihrer Veranlagung nach, gewiß die unerschrockenste Person der Welt, Rivière aber der bemerkenswerteste Feigling seines Jahrhunderts, und so wurde mir in einem gleichen Augenblick klar, daß blinde Tollkühnheit und sinnlose Angst zu den gleichen Wirkungen führen können, solange die Gefahr ungewiß ist.

Damit auch nicht eine Rolle zu dem Theater fehle, sicherte sich Marschall de la Meilleraie, der bisher standhaft mit mir die Folgen der Unruhen dargelegt hatte, die des Maulhelden. Mit einem Schlag wechselte er Tonart und Meinung, als der ehrsame Vennes, Oberstleutnant der Garde, kam, um der Königin zu sagen, die Bürger drohten die Absperrungen der Wachen zu durchbrechen. Da er ohnehin durchtränkt war von Gift und Galle, geriet er in gewaltigen Zorn, ja in Wut. Er schrie, es sei besser unterzugehen, als derartige Unverschämtheit zu dulden, und er drängte auf die Erlaubnis, sich die Garden, die Offiziere im Hause und alle Höflinge aus dem Vorzimmer zu holen, machte sich stark, damit die Kanaille zu zerschmettern. - (retz)

Komödie (2)  Die Giftkomödie besteht in der heimlichen Bereitung und heuchlerischen Verabreichung des Giftes, im lauernden Abwarten des Erfolges, in der heuchlerischen Pflege des Erkrankten, im heuchlerischen Bedauern und schließlich in der schadenfrohen Betrauerung des toten Opfers.  - (erot)

Komödie (3)  In der Regel hält man die alte Komödie und namentlich Aristophanes für höchst patriotisch, höchst ehrenwert, höchst moralisch; man denkt ihn sich als sittenrichterlichen Ehrenmann, der nur die lachende Maske vorhält, um mit tiefem moralischen Ernst zu raten, was allein dem Staate helfen könne. Zum Glück genügt das einmalige unbefangene Lesen einer Aristophanischen Komödie, um zu überzeugen, daß dem nicht so ist ... Es ist ein schlimmes Ding, von dieser Art des zynischen Spottes Gesinnung zu erwarten, auf deren Kosten selbst der Spott nur möglich ist..- J. G. Droysen, nach: Heinrich Pröhle, Vorwort (1880) zu: Chr. M. Wieland, Aristipp und einige seiner Zeitgenossen. Frankfurt am Main 1984 (it 718, zuerst 1800 f.)

Komödie (4) Der Titel des Dante'schien Werkes ist gar originell und treffend, und kaum läßt sich zweifeln, daß er ironisch sei. Eine Komödie! Fürwahr, Das wäre die Welt, eine Komödie für einen Gott, dessen unersättliche Rachgier und studirte Grausamkeit, im letzten Akte derselben, an der end- und zwecklosen Quaal der Wesen, welche er müßigerweise ins Daseyn gerufen hat, sich weidete, weil sie nämlich nicht nach seinem Sinne ausgefallen wären und daher, in ihrem kurzen Leben, anders gethan, oder geglaubt hätten, als es ihm recht war. Gegen seine unerhörte Grausamkeit gehalten, wären übrigens alle im Inferno so hart bestraften Verbrechen gar nicht der Rede werth; ja, er selbst wäre bei Weitem ärger, als alle die Teufel, denen wir im Inferno begegnen; da ja diese doch nur in seinem Auftrage und kraft seiner Vollmacht handeln.  - (schop)

Komödie (5)  Eine der Teufelsbeschwörungen fand 1439 zu jener Zeit statt, in der Blanchet im Schloß Tiffauges wohnte:  zwischen Himmelfahrt und Allerheiligen. Der Geistliche war an diesem Tag ausgegangen und wurde zu seinem Herrn befohlen. Er eilt zu ihm und findet Gilles niedergeschlagen. Sire de Rais ist davon überzeugt, daß Prelati tot ist! In dessen Zimmer hatte es tatsächlich großen Lärm gegeben, man hörte heftiges Wehklagen und Schläge, »als ob man eine Decke schlüge«. Der Teufel wütete so sehr, daß Gilles entsetzt ist. Er wagt nicht, das Zimmer zu betreten, und bittet Blanchet kleinmütig, es an seiner Stelle zu tun. Dieser schlottert vor Angst nicht weniger als sein Herr. Schließlich ist Blanchet so mutig, durch eine Art inneres Fenster, das ziemlich hoch liegt, zu schauen. Von dort aus kann man in das Zimmer sehen. Prelati wird gerufen und gibt keine Antwort, begnügt sich vielmehr damit, noch lauter zu wimmern. Als er schließlich jammernd herauskommt, erzählt er, der Teufel habe ihn »greulich verprügelt«. Er ist verletzt und muß eine Woche das Bett hüten. Gilles selbst pflegt ihn und läßt niemanden in sein Zimmer. Er bringt ihn zum Berichten. Prelati meint, er verdanke die erhaltenen Schläge dem Zorn der Geister, die darüber empört seien, daß er sie bei Unterhaltungen für unbedeutende und ziemlich nutzlose Dämonen gehalten habe. Zweifellos aus diesem Grund versucht er eine Art von Wiedergutmachung: er habe gehört, so behauptet er wenigstens, besagte Geister seien aus einer Materie geschaffen, die von der Jungfrau Maria hervorgebracht sei.

Diese Komödie vermittelt den rechten Eindruck von der Leichtgläubigkeit Gilles'. Man muß auch festhalten, daß Sympathie und Zärtlichkeit diese Arglosigkeit bestimmen. Prelati ist zweiundzwan-zig Jahre alt, elf Jahre jünger als sein Herr, den offensichtlich die Schönheit und Bildung des Italieners betört, wie er gleichermaßen vom Teufel und dem, der ihn zu beschwören versteht, fasziniert ist. Überdies muß der junge Prelati einen ganz besonderen Reiz besitzen, den Charme des Durchtriebenen.  - Georges Bataille, Gilles de Rais. Frankfurt/Main, Berlin, Wien 1975 (zuerst 1965)

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