Kommune   Als die Studentenunruhen in Europa einen ihrer Höhepunkte erreicht hatten, träumte ich mich, um einzuspringen, ins Chemische Institut zurück. Wir hatten uns seit langem in einem der dreistöckigen Keller verschanzt, spürten auch schon Hunger, denn unsere Kommune lebte von Luft und von Liebe. Ich zum Beispiel wurde durch Abstimmung jeweils Helga, Sonja oder Elfi zugeteilt; bei Sonja war es ein Jubel, Elfi aber war häßlich und ließ es mich auch fühlen, trotz vielen in unserer unfreiwilligen Freizeit an ihr verübten Analysen. Unserer Kommune gehörten Rebellen aller Schattierungen an: Anarchosyndikalisten, ein Maoist, drei Marxisten-Leninisten, eine Stalinistin, eine Linkskatholikin und wir von der „behutsamen Linken". Das machte die Diskussionen langwierig, die Abstimmungen kompliziert. Was sollten wir zum Beispiel mit Glubke tun, der irgendwie in unseren Keller geraten war - er sagte, aus der Nachbarkommune des Physikerkellers. Wir alle waren uns einig, daß er ein Polizeispitzel war, besonders wenn er zwischen den Kellern hin- und herpendelte. Einmal war im geheimen Gang auch ein Geräusch zu hören, wie wir es von unseren Arbeiten mit den schweren stählernen Gasflaschen kannten. Elfi, die anderen Anarchisten und die Stalinistin waren fürs Ermorden, die Katholikin und wir Liberale plädierten für Gefangennahme, die Marxisten-Leninisten diskutierten den Fall dialektisch. Wir kamen zu keiner Einigung, fickten etwas und legten uns auf die Asbestwolle schlafen. Als wir Zischen und den Geruch wahrnahmen, war es für uns alle zu spät: Glubke war einiger als wir und rascher im Handeln. Leitete komprimiertes Chlorgas in unseren Keller. Ich erstickte in Sonjas Armen.  - (met)

Kommune (2)  Aber das Opfer, das sich die schwarze Robe, wo Professorinnen tragen, bei besonderen Anlässen, überwirft, weil sie in der Kommune 6 in der Schraudolphstraße, im siebten Streifen der Serie, den Gruppensex demonstrieren will als Zukunft der Lust, die ja schon begonnen hat, wie sie vorlesend aus einem schweinsledergebundenem Manuskript doziert, während nach ihren folgenden Aussagen die Männer und Frauen ihre Augen verbinden, um ungezwungener nach den vorhandenen Geschlechtsteilen greifen zu können, was sie, wie ihr Drehbuch es will, zuerst zaghaft versuchen, um schließlich immer mutiger alle Hindernisse auf dem Wege dorthin zu beseitigen, bis sie bis auf die Augen ganz nackt jeweils mit einer Hand fremder gehen als mit der anderen und wo sie sich vergriffen dann auch noch bei fallender Augenbinde plötzlich ansehen müssen und sich zu einem Knäuel aus Fleisch verschiedentlich und im ganzen vereinigt erkennen, wonach das einzige Kind der Kommune das Spielzimmer seiner Bezugspersonen betritt und der geschlechtlichen Aufklärung letzter Teil beginnen soll  - Paul Wühr, Das falsche Buch. Frankfurt am Main 1985
 
 

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