ommißbrot Da
war euch in der Karolinentaler Kaserne ein gewisser Oberleutnant Holub, der
war so gelehrt, daß ihn alle bei der Kompanie für
einen Idioten gehalten harn, weil er wegen seiner Gelehrtheit nicht gelernt
hat, die Soldaten zu beschimpfen, und alles nur vom wissenschaftlichen Standpunkt
betrachtet hat. Einmal harn ihm die Soldaten gemeldet, daß das gefaßte Kommißbrot
nicht zum Fressen is. Ein andrer Offizier hart sich aufgeregt über so eine Frechheit,
aber er nicht, er is ruhig geblieben, hat niemandem nicht mal Schwein, nicht
mal Sau gesagt, und hat nicht mal jemanden übers Maul gebaut. Er hat nur alle
seine Gmanen zammgerufen und sagt ihnen mit seiner angenehmen Stimme: ‹Vor allem,
Soldaten, müßt ihr euch bewußt sein, daß eine Kaserne keine Delikatessenhandlung
is, daß ihr euch dort marinierten Aal, Ölsardinen und belegte Brötchen aussuchen
könnt. Jeder Soldat soll so intelligent sein, daß er ohne Murren alles auffrißt,
was er faßt, und er muß soviel Disziplin in sich haben, daß er sich nicht über
die Qualität von dem aufhält, was er auffressen soll. Stellt euch vor, Soldaten,
daß Krieg war. Dem Feld, wo man euch nach der Schlacht begraben wird, is es
vollständig egal, mit was für einem Kommißbrot ihr euch vor eurem Tod angestopft
habt. Mütterchen Erde wird euch zerfasern und samtn Stiefeln auffressen. In
der Welt kann sich nichts verlieren, aus euch Soldaten wird wieder neues Getreide
auf Kommißbrot für neue Soldaten wachsen, die vielleicht wieder nicht zufrieden
sein wem wie ihr, sich beschweren gehn wem und auf jemanden kommen wem, was
sie bis Halleluja einsperrn lassen wird, weil er drauf ein Recht hat. Jetzt
hab ichs euch, Soldaten, alles hübsch erklärt und muß euch vielleicht nie mehr
dran erinnern, daß, wer sich künftighin beschweren wird, der wird sichs sehr
schätzen, bis er wieder an Gottes Licht sein wird.› — ‹Wenn er wenigstens aufheißen
möcht›, ham die Soldaten untereinander gesagt, und diese Feinheiten in den Vorträgen
vom Herrn Oberlajtnant ham sie schrecklich verdrossen. -
Jaroslav Hašek, Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Reinbek bei 1969
(zuerst 1920 - 1923)
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