Körperlektüre    Im Unterschied zur Lektüre beschriebener Seiten erfolgt bei Liebenden die Lektüre der Körper (das heißt jenes Konzentrates aus Geist und Körper, dessen Liebende sich bedienen, um miteinander ins Bett zu gehen) nicht linear. Sie beginnt an einem beliebigen Punkt, springt vor und zurück, wiederholt sich, verweilt, verzweigt sich in simultanen und divergierenden Strängen, findet wieder zusammen, stutzt irritiert, geht weiter, findet den Faden wieder, verliert sich. Gewiß läßt sich eine Richtung erkennen, ein Streben zu einem Ziel als Streben zu einer Klimax, und im Hinblick auf dieses Ziel gibt es rhythmische Phasen, Skandierungen metrischer Art und Motivwiederholungen.'Aber ist das Ziel wirklich die Klimax? Oder steht der Verfolgung dieses Ziels ein anderes Streben entgegen, ein Schwimmen gegen den Strom der Momente, um die verflossene Zeit zurückzugewinnen?

Wollte jemand das Ganze graphisch darstellen, so brauchte er für jede einzelne Episode mit ihrem Höhepunkt ein drei-oder gar vierdimensionales Modell, nein, kein Modell, keine Erfahrung ist wiederholbar. Am meisten gleichen Liebesakt und Lektüre einander darin, daß sich in ihnen Zeiten und Räume auftun, die anders sind als meßbare Zeiten und Räume.   - Italo Calvino, Wenn ein Reisender in einer Winternacht. München 2007 (Zuerst 1979)

Lektüre Körper

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