önig, bayrischer  Der Raum, den ich betrat, war sehr notdürftig eingerichtet. Große, quadratische Fenster waren in Kopfhöhe angebracht; durch ihre Milchglasscheiben drang spärliches Licht.

An den schadhaften Mauern hingen in schmalen schwarzen Rahmen einzelne Verordnungen, an der Hinterwand über einer geschlossenen Tür sah ich das Bildnis König Ludwigs des Zweiten von Bayern. An der hohen, weißgetünchten Decke waren primitive, rcchtwinkelige Gasarme befestigt. Außerdem befand sich ein langer, schmutziger Tisch in dem Gemach, und darauf lag etwas Grauenerregendes: ein aufgeblähter, kurzer Körper in einer goldüberladenen blutbesudelten Uniform. Er war ganz steif und nur die Beine leicht gekrümmt. Die Füße fehlten, die Hosen waren unter den Knien zugebunden.

»Das ist der König von Bayern«, schoß es mir durch den Kopf, und da war ich auch schon fest überzeugt davon. Sein schwärzliches, durchsichtiges Kinnbärtchen stand in die Höhe, ich wagte aber das fette Gesicht nicht näher anzusehen, denn ich wußte, daß seine tückischen Augen lebten und mich verfolgten. - Alfred Kubin, Die Andere Seite. München 1975 (zuerst 1909)

 

König

 

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