Knochen, alte  Heulend fuhr der Wind aus dem Norden durchs Tal, peitschte die Tannen und schüttete Sturzbäche auf den Wald. Da sprach der alte Mann, ohne von seiner Arbeit aufzusehen: »Verstecke dich hinter meinem Rücken!« Im gleichen Augenblick erschien auch schon der Knochenmann, der einst ein berühmter Pfeilmacher gewesen war. Taumelnd ging er vor dem Winde her, der ihm pfeifend durch den dürren Brustkorb fuhr. Mit unsicheren Schritten stolperte er ums Feuer und zertrat die Pfeile, die der alte Mann vor sich liegen hatte. Da nahm der Alte eine lange Pfeilspitze, wie man sie zur Jagd auf Großwild verwendet, beugte sich vor und stieß sie dem Knochenmann ins Herz. Im gleichen Augenblick ging eine Veränderung mit dem Pfeilmacher vor. Er blieb stehen, die Knochen lösten sich voneinander, und mit dem letzten Schlage des Herzens wurde er zu einem wirren Haufen Knochen, auf denen zuoberst der grinsende Schädel lag. Kaum aber waren die Knochen zur Ruhe gekommen, als auch der Wind zu blasen aufhörte. Der Mann aber sprach zur verängstigten Frau: »Komm, hilf mir die alten Knochen auf den Abfallhaufen zu werfen, denn sie sind zu nichts nütze.« - Nordamerikanische Indianermärchen. Hg. Gustav A. Konitzky. Düsseldorf, Köln 1982 (Diederichs, Märchen der Weltliteratur)

Knochen, alte (2)

- Johannes Grützke

 

Knochen

 

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