Klosterzucht    Nanna: Wir kamen an eine Ritze, durch die wir eine Nonne erblickten, die sah aus wie die Mutter der Klosterzucht, wie die Tante der Bibel, wie die Schwiegermutter des Alten Testaments. Kaum wagte ich's, sie anzusehen. Auf dem Kopfe hatte sie etwa zwanzig Haare, dick wie Bürstenhaare, voll von Läuseeiern, auf der Stirn waren vielleicht hundert Runzeln, die Augenbrauen dicht und eisgrau, und aus den Augen troff etwas Gelbliches.

Antonia: Du hast scharfe Augen, daß du aus der Ferne sogar die Läuseeier bemerktest.

Nanna: Höre nur weiter! Ihr Mund und ihre Nase waren voll Schleim und Sabber, ihre Kinnladen wie ein beinerner Läusekamm, an dem nur noch die beiden Eckzähne vorhanden sind, die Lippen vertrocknet, das Kinn spitz wie ein Genuesenschädel, und zur Zier waren daran ein paar Haare, die an den Schnurrbart einer Löwin erinnerten, und, glaube ich, hart und scharf waren wie Dornen. Ihre Brüste glichen zwei Hodensäcken ohne Eier, und es sah aus, wie wenn sie mit Bindfäden am Busen angebunden wären, der Bauch – o du himmlische Barmherzigkeit! –, der war ganz rauh, tief eingesunken, und nur der Nabel war vorgetrieben. Allerdings hatte sie dafür ihren Wasserlauf mit Kohlblättern bekränzt, die aussahen, wie wenn ein Grindiger sie einen Monat lang auf dem Kopf gehabt hätte.

Antonia: Der heilige Onufrius trug ja auch ein Schenkenzeichen um seine Scham.

Nanna: Um so besser! Ihre Schenkel waren von Pergament bedeckt, und die Knie zitterten ihr dermaßen, daß man dachte, sie müßte jeden Augenblick hinfallen. Wie ihre Waden, ihre Arme und ihre Füße aussahen, magst du dir selber ausmalen, nur das will ich dir noch sagen: Die Nägel an ihren Händen waren so lang wie der, den Krallenlude als gefährliche Waffe an seinem kleinen Finger trug, aber die ihrigen waren voll Unrat. Sie hatte sich zur Erde gekauert und machte mit einem Stück Kohle Sterne, Monde, Vierecke, Kreise, Buchstaben und tausend andere Firlefanzereien. Und dabei rief sie die Geister der Hölle mit Namen an, die die Teufel selber nicht behalten könnten. Dann ging sie dreimal im Kreise um die von ihr gezeichneten Krähenfüße herum und richtete sich dann hoch auf, das Gesicht dem Himmel zugewandt, wobei sie fortwährend vor sich hin murmelte. Hierauf holte sie ein Figürchen aus ganz frischem Wachs herbei, worin wohl hundert Nadeln hineingesteckt waren – wenn du mal ein Alraunmännchen gesehen hast, so weißt du, wie das Ding aussah –, und legte diese so nahe ans Feuer, daß die Hitze wirken mußte, und drehte sie so, wie man Wachteln und Krammetsvögel dreht, damit sie gar werden, aber nicht anbrennen. Dabei sprach sie:

Feuer, mein Feuer, senge
Den Grausamen, der mich flieht!

Dann begann sie immer schneller zu drehen – schneller als man im Hospital das Brot austeilt, und sprach weiter:

Oh! rührte doch mein Herzeleid
Den lieben Gott der Liebe

Als nun das Wachsbild anfing, ganz heiß zu werden, rief sie, den Blick auf den Boden geheftet:

Schick, Teufel, meinen Goldmann mir,
Sonst laß mich sterben gleich und hier!

Kaum hatte sie diese Verschen gesagt, so klopft einer an die Tür, ganz atemlos, wie jemand, der in der Küche beim Mausen erwischt ist und seine Füße nicht geschont hat, um seinem Buckel eine Tracht Schläge zu ersparen. Sofort hörte sie auf mit ihrem Hexenkram und öffnete ihm.

Antonia: Ganz nackt, wie sie war?

Nanna: Ganz nackt, wie sie war. Der arme Mensch war der Schwarzen Kunst gefolgt wie der Hunger der Teuerung; er warf ihr die Arme um den Hals und küßte sie nicht weniger inbrünstig, als wenn sie die Rosa oder die Arcolana gewesen wäre, und pries ihre Schönheit wie ein Dichter, der Sonette auf seine Tullia macht. Und das vermaledeite Gerippe zierte sich wie eine Kokette und sagte kichernd: »Darf solches Fleisch allein im Bette ruhn?« - Aretino

 

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