lageweiber
Man kann in Deutschland auf das Mitleid und die Tränendrüsen
der großen Menge rechnen, wenn man in einer Polemik tüchtig mißhandelt wird.
Die Deutschen gleichen dann jenen alten Weibern, die nie versäumen einer Exekution
zuzusehen, die sich da als die neugierigsten Zuschauer vordrängen, beim Anblick
des armen Sünders und seiner Leiden aufs bitterste jammern und ihn sogar verteidigen.
Diese Klageweiber, die bei literarischen Exekutionen so jammervoll sich gebärden,
würden aber sehr verdrießlich sein, wenn der arme Sünder, dessen Auspeitschung
sie eben erwarteten, plötzlich begnadigt würde und sie sich, ohne etwas gesehen
zu haben, wieder nach Hause trollen müßten. Ihr vergrößerter Zorn trifft dann
denjenigen, der sie in ihren Erwartungen getäuscht hat. - Heinrich
Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland
Klageweiber (2)
- Nicole
Claveloux
(Illustr. zu Confessions d'un monte-en-l'air)
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