indergesicht
Leni weiß, aus ihrer vergeudeten Zelt mit Franz, gut genug, wie es ist, alleine
zu kommen. Zuerst kam es ihr gar nicht, weil er so passiv war. Dann begriff
sie, daß sie tun konnte, was sie nur wollte, um diese Freiheit auszufüllen,
die seine Passivität ihr gewährte. Das machte es angenehmer: Sie konnte alle
Zärtlichkeiten zwischen ihnen träumen (und träumte bald auch von anderen Männern)
- aber sie begann, sich noch einsamer zu fühlen. Dennoch wollen ihre Falten
nicht tiefer, ihre Lippen nicht schärfer werden in diesem Gesicht, mit dem sie
sich immer wieder selbst überrascht. Es ist das Gesicht eines tagträumenden
Kindes, das jeden betrügt, der sie betrachtet, genau die unscharf rundliche,
konturenweiche Schwäche, die die Männer verleitet - sogar bei Peter Sachsa hat
sie diesen Blick schon bemerkt -, ein unselbständiges kleines
Mädchen in ihr zu sehen. - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei
Hamburg 1981
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