esselflicker Der Diener holte von der Straße einen armen Tagelöhner namens Proton, der tagaus, tagein die Stadt abklapperte und seinen Spruch rief: »Köpfe verlöt ich! Bäuche verbind ich! Schweife verschweiß ich! Schweife putz ich blank!« Dieser Kesselflicker hatte eine böse Frau. Brechstangenschwingend erwartete sie ihn täglich, wenn er heimkommen sollte. Und sobald er sich näherte, hallte von ihrem bissigen Gekeif das ganze Gäßchen wider. Sie nahm dem armen Mann alles weg, was er verdient hatte, und verbeulte ihm noch Rücken und Schultern mit unerbittlichen Hieben. Proton trat zitternd vor den Oberstprogrammisten, und dieser sprach zu ihm: »Hör mal, brächtest du es wohl fertig, mich zu verkleinern? Ich erscheine mir nämlich zu groß, verstehst du ... Na, im übrigen . .. gleichviel! Verkleinern sollst du mich, und zwar so, daß ich von meiner Schönheit nichts einbüße! Machst du deine Sache gut, so werde ich dich reichlich belohnen. Aber du mußt das Ganze sogleich vergessen. Halt den Mund voll Wasser! Sonst lasse ich dich zuschrauben!« Proton wunderte sich, doch er ließ sich nichts anmerken. -Den hohen Herrschaften steigen halt allerhand Mucken zu Kopfe ... Er besah Diopterich aufmerksam, guckte ihm ins Innere, beklopfte und bepochte ihn und sagte sodann: »Eure Erlaucht, ich könnte Euch das Mittelstück des Schweifs herausschrauben . . .«
»Nein! Das will ich nicht!« - erwiderte Diopterich heftig. »Um den Schweif tut es mir leid! Der ist gar zu schön!« »Vielleicht könnte ich die Beine abschrauben?« - fragte Proton. »Die sind ja ganz überflüssig!« In der Tat werden Beine bei den Argonautikern nicht benützt, sondern sind ein bloßes Erbteil aus den uralten Zeiten jener Vorfahren, die noch im Trockenen hausten. Diopterich aber wurde nun erst richtig böse:
»Ach du eiserner Trottel! Weißt du denn nicht, daß nur wir Hochgeborenen das Recht auf Beine haben? Wie wagst du es, mir diese Insignien des Adels zu nehmen?« »Bitte ergebenst um Verzeihung, Eure Erlaucht. . . Aber was darf ich dann eigentlich abschrauben?«
Da verstand Diopterich, daß er mit so viel Widerborstigkeit nichts erzielte. Er knurrte also: »Mach es so, wie du meinst...« Und Proton maß und klopfte und pochte ihn ab und sagte sodann: »Den Kopf könnte ich abschrauben, wenn Eure Erlauchtgestatten . . .«
»Bist du übergeschnappt? Was wird aus mir ohne Kopf? Womit soll ich denken?«
»Keine Angst, Herr! Den allerwertesten Verstand
stecke ich Eurer Erlaucht in den Bauch, dort ist Platz
genug . . .« Diopterich willigte ein. Der Kesselflicker schraubte ihm geschickt
den Kopf ab, baute die kristallenen Denkhalbkugeln in den Bauch ein, vernietete
und verhämmerte alles und bekam fünf Dukaten. -
Stanislaw Lem, Robotermärchen. Frankfurt am Main 1973 (st 2673, zuerst
1964)
Kesselflicker (2) Einstens
holete der güldene Pachter auf Black Heath
einen Kesselflicker ein, von dem er wußte, daß er sieben oder acht Pfund bei
sich hatte, und sprach zu ihm: Wohl eingeholt! mein ehrlicher Kesselflicker!
Es kömmt mir vor, als wenn Ihr sehr andächtig zu sein schienet, denn Euer Leben
ist eine beständige Pilgrimschaft, und aus Demut gehet Ihr mehrenteils barfuß
und machet dadurch aus der Not eine Tugend. Ja, Herr!, versetzte der Kesselflicker.
Muß ist ein übel Kraut, und Not bricht Eisen, und hättet Ihr nicht mehr als
ich, Ihr würdet auch ohne Stiefel und Schuhe gehen müssen. Das könnte sein,
sagte der güldene Pachter, und ich glaube, Ihr durchreiset ganz England mit
Eurem Sack und Bagage. Ja, sagte der Kesselflicker, ich reise einen guten Weg
in der Welt herum, aber nicht so weit als Ihr reitet. Wohl! sagte der güldene
Pachter, gehet, wohin Ihr wollet, Eure Gesellschaft ist untadelig, weil Ihr
immerfort etwas auszubessern findet. Ich wollte wünschen, antwortete der Kesselflicker,
daß ich dieses auch von Euch sagen könnte. Was? du schäbiger Hund aus Ägypten!
erwiderte der andere, ich glaube, du denkest, ich sei nicht so gut als du in
Beobachtung der Statuten und hielte demnach, dem Staupbesen und Gefängnis zum
Trotz, vor besser, zu stehlen, als zu betteln. Der Kesselflicker versetzte wiederum:
Ihr müsset bedenken, daß ich mir es muß blutsauer werden lassen, mein Leben
zu erhalten. Ja freilich, war des güldenen Pachters Gegenrede, ich weiß wohl,
Ihr seid ein solcher abgesagter Feind der Faulheit, daß, wenn Ihr ein Loch zuflicket,
Ihr deren viel lieber dreie machet, ehe ihr müßig ginget. Es ist wahr, was Ihr
saget, gab der Kesselflicker zur Antwort, alleine ich wollte wünschen, mein
Herr, daß ich und Ihr fein weit voneinander wären, denn wahrhaftig, Eure Gesellschaft
gefällt mir gar nicht. Eure mir auch nicht, sagte der andere, denn ob Ihr schon
an einem jeglichen Orte erhalten werdet, so dürft Ihr doch, Argwohn zu vermeiden,
nicht weiter als unter die Tür gehen. In Wahrheit, gegenredete der Kesselflicker,
ich habe einen großen Verdacht auf Euch. Habt Ihr einen Verdacht auf mich, fiel
des güldenen Pachters Antwort, wohlan denn, er soll nicht ohne Ursache sein!
Kommet, öffnet Euren Waat-Sack ohnverzüglich, und gebet das Päckchen Geld her,
so darinnen ist! Hier war ihr Gespräch zu Ende, und der Kesselflicker bat vor
und nach GOtt, daß er ihn nicht plündern möchte, denn wenn er es täte, sähe
er sich genötiget, den Weg nach Hause betteln zu gehen, von wannen er über hundert
Meilen wäre. Dieser und jener hole mich, sagte der güldene Pachter, ich frage
nichts danach, und wenn Ihr Euch 200 Meilwegs betteln müßtet, denn wenn ein
Kesselflicker Tyburn und Banbury (das ist, dem Galgen) entkommet, so hat er
das Unglück, daß er als ein Bettler sterben muß. Also nahm er Geld und Waat-Sack
zugleich von dem Kesselflicker und hinterließ ihn seiner alten Gewohnheit, in
offenen Feldern und niedrigen Hütten zu verbleiben. -
(
spitz
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