das auf einem
langgestreckten Vitrinentisch zu sehen ist, noch eingebettet
in eine Platte aus griechischem Sandstein: unheimlich,
wie die Wirbelsäule des Pferdes
bruchlos in das gekrümmte Rückgrat des menschlichen
Torsos übergeht. Schaut man genau hin, kann man sogar
die rostige Spitze des Pfeils erkennen, der das menschliche
Herz des Monsters durchbohrte. Der Kurator der Ausstellung,
William Willers, ein Künstler und Biologieprofessor
an der Universität von Wisconsin in Oshkosh, wird mit der
erläuternden Bemerkung zitiert: »Solche Zentauren streiften in
den Wäldern Thessaliens umher, bis sie mit menschlichen
Pfeilen und Speeren Bekanntschaft machten; danach flohen sie
in die Berge, wo Kälte und Hunger den Rest besorgten.«
- (wesch)
Kentaur (2) Die kriegerischsten unter den verbliebenen
Pelasgern waren die Kentauren von Magnesia, darunter die Clans des Wendehals
und des Berglöwen. Sie verehrten auch das Pferd, wahrscheinlich
nicht das asiatische Pferd, das Anfang des zweiten Jahrtausends v. Chr. vom
kaspischen Meer eingeführt worden war, sondern eine frühere und schwächere europäische
Art, das Ähnlichkeit mit dem Dartmoor-Pony hatte. Die Kentauren, unter ihrem
Sakralkönig Cheiron, hießen die Achäer als Bundesgenossen gegen ihre Feinde,
die Lapithen aus Nordthessalien willkommen. Das Wort »Cheiron« hängt offenbar
zusammen mit dem griechischen cheir, »Hand«, und »Kentaur« mit kentron,
»Ziege«. In meinem Essay What Food the Centaurs Ate
stelle ich die Vermutung an, daß sie sich durch den Genuß des Fliegenpilzes,
Amanita muscaria, berauschten, von der hundertarmigen Kröte
aßen, von der ein Exemplar, in einen etruskischen Spiegelrahmen
geschnitzt, zu Füßen ihres Ahnherrn Ixion zu sehen ist.- (
myth)
Kentaur (3)
Aber Centauren hat's nie und nirgend gegeben. Denn niemals |
- (
luk
)
Kentaur (4) Kentaurenwesen vereinen die besten Eigenschaften von Mensch und Tier. Als weise und gastfreundliche Geschöpfe konnten sie große Lehrer sein wie Chiron, der den jugendlichen Achilles unterwies. Trotz ihrer hohen Gesinnung waren sie aber auch sehr lüstern. Tranken die männlichen Kentauren über den Durst, fielen sie zügellos über Frauen her im Bestreben, mit ihnen zu tun, wonach es sie gelüstete. Dürer hat eine bemerkenswert lebhafte Studie des jungen Kentauren Nessos und der wild um sich tretenden Deianeira gezeichnet, die sich nicht einfach so entführen lassen will. Am Wasserzeichen erkennt man, daß das Blatt auf seiner ersten Italienreise, also daß das Blatt auf seiner ersten Italienreise, also um 1494, entstanden ist. Das vom Kopf bis zu den Hufen vitale Paar zeugt von Dürers Kenntnis sowohl antiker Skulpturen als auch der Meisterwerke der italienischen Kunst des fünfzehnten Jahrhunderts. Daß Deianeira das Bein hochzieht und Nessos kräftig an seiner empfindlichsten Stelle in den Bauch tritt, ist vermutlich ein Einfall Dürers.
- Colin Eisler, Dürers Arche Noah. Tiere und Fabelwesen im Werk
von Albrecht Dürer. München 1996 (zuerst 1991)
Kentaur (5)
Kentauren, euch hätte ich gar zu gern in natura gesehen Könnt ihr nicht wiederkehren, könnt ihr nicht auferstehen
Doch es gibt keine zweite Chance. Leider, ich weiß ja: Schlußlichter ihr, kaum wart ihr verschwunden, war Schluß Mutanten aus Mutwillen,
Herolde ihr aus der alten Welt, Nur Texte blieben euch, Vasenbilder und Marmorreliefs, |
- Durs Grünbein, in: Berliner Zeitung 25./26.September 2004
Kentaur (6)
- Tomi Ungerer's Kompromisse. Zürich 1982 (kunst-detebe 26070, zuerst
1970)
Kentaur (7) Im stählernen Licht des Morgens kreisen ein paar Raubvögel, um sich warm und in Form zu halten, denn zu rauben gibt es so gut wie nichts: Die kleinen Tiere befinden sich in ihren Schlupfwinkeln und die Vögelchen unter anderen, weniger strengen Himmeln, Auf dem Hügelkamm erscheint Oligor mit seiner grauen Tartaren-mütze aus Schaffell. Über dem Unterhemd trägt er einen Pullover und über dem Pullover eine gefütterte Jacke; weiter unten ist er nackt, und der Wind fährt ihm zwischen den Beinen, genauer gesagt den Läufen, hindurch und zerzaust ihm den Schweif. Sein Umriß über dem Umriß des Hügels erinnert vage an antike Friese. Oligor blickt sich in diesem kalten Licht um und trottet dann geräuschvoll über die steilen Geröllpfade zu Tal. Aufgrund seiner doppelten Natur als Pflanzen- und als Fleischfresser ist ihm diese Jahreszeit verhaßt: Von November bis Januar findet sich in dieser Gegend nichts Eßbares außer Kastanien und Äpfeln, und eine reine Apfeldiät führt bei ihm unweigerlich zu einer Art Ruhr, begleitet von Halluzinationen. In der allergrößten Not könnte er vielleicht versuchen, sich von den Blättern der Bäume zu nähren, aber die Blätter der immergrünen Bäume schmecken fast alle bitter.
Ein Zentaur ist zu sehr der Kälte ausgesetzt. In früheren Wintern hatte er
versucht, Im Mantel herumzugehen, aber sein Bauch blieb trotzdem unbedeckt -
der Bauch oder die Brust, denn es ist nicht ganz klar, wo der Bauch beginnt
oder die Brust endet. Sein hinteres Teil ist besser für ein Leben im Freien
geeignet, er kann damit den ganzen Tag im Regen stehen, als ob nichts wäre;
das Vorderteil aber leidet. Da sich der Mantel nicht bis unten zuknöpfen ließ,
hat er versucht, unter dem Pullover noch eine Röckchen aus Schottenwolle anzuziehen,
aber mit dieser Art Schürze kam er sich lächerlich vor, unmännlich, so daß er
sie wieder ausziehen mußte. Nicht daß er mit anderen Zentauren verkehrt hätte;
es ist eine wenig gesellige Rasse und im übrigen so gut wie ausgestorben; doch
für Oligor ist die Schicklichkeit ein Wert an sich, und ein Zentaur mit Schürze
ist schlechterdings nicht schicklich. - J. Rodolfo Wilcock, Das Stereoskop der Einzelgänger. Freiburg
1995
Kentaur (8)en , als Hippokentauren
halb Mensch halb Pferd, ein Geschlecht von wildester Sinnlichkeit, das immer
nach Weiberfleisch lüstern ist und sich im ewigen Weinrausch auf die üppigsten
Abenteuer einläßt. Die berühmte Kentaurenschlacht entstand dadurch, daß der
Kentaur Eurytos nach den Brüsten der Hippodameia griff. - (
erot
)
Kentaur (9) In Italien siedelten
anfangs als Ureinwohner die Ausonen. Der älteste soll ein gewisser Mares gewesen
sein, dessen Oberkörper einem Menschen und dessen Unterteil einem Pferde glich.
Wie man sagt, bedeutet sein Name in Griechenland „halb Roß, halb Mensch".
Ich glaube, jedoch, daß er der erste war, der ein Pferd bestieg und ihm den
Zügel anlegte, und daß er daher für zweigestaltig gehalten wurde. Es geht auch
die Sage, er habe 123 Jahre gelebt, sei dreimal gestorben und dreimal wieder
zum Leben erwacht. Mir aber erscheint dies unglaubwürdig. - (
ael
)
Kentaur (10)
Kentaur (11) Mit der Wolke hat Ixion
ohne Chariten - das heißt ohne Aphrodite - gezeugt,
wie es auch von der Empfängnis des Hephaistos gesagt
wurde. Von seinem Sohn, einem zweigestaltigen Wesen, namens Kentauros,
hieß es, er habe die Stuten am Berg Pelion begattet. Das sei der Ursprung gewesen
der Kentauren, dieser wilden Waldbewohner, über deren vierbeinigem Pferdeleib
sich ein menschlicher Oberkörper erhob. Sie waren die gefährlichen Nachbarn
der Lapithen. Diese hatten schwer mit ihnen zu kämpfen, als die Kentauren ihre
Frauen rauben wollten. -
(ker)
Kentaur (12)
Kentaur (13)
Kentaur (14, irokesischer)
- Gene Bilbrew
Kentaur (15)
Kentaur (15)
Kentaur (16)
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