atzundmausspiel


 

Katzundmausspiel (2)

Katzundmausspiel

- (Kliban)

Katzundmausspiel (3) ... und einmal, als Mahlke schon schwimmen konnte, lagen wir neben dem Schlagballfeld im Gras. Ich hätte zum Zahnarzt gehen sollen, aber sie ließen mich nicht, weil ich als Tickspieler schwer zu ersetzen war. Mein Zahn lärmte. Eine Katze strich diagonal durch die Wiese und wurde nicht beworfen. Einige kauten oder zupften Halme. Die Katze gehörte dem Platzverwalter und war schwarz. Hotten Sonntag rieb sein Schlagholz mit einem Wollstrumpf. Mein Zahn trat auf der Stelle. Das Turnier dauerte schon zwei Stunden. Wir hatten hoch verloren und warteten nun auf das Gegenspiel. Jung war die Katze, aber kein Kätzchen. Im Stadion wurden oft und wechselseitig Handballtore geworfen. Mein Zahn wiederholte ein einziges Wort. Auf der Aschenbahn übten Hundertmeterläufer das Starten oder waren nervös. Die Katze machte Umwege. Über den Himmel kroch langsam und laut ein dreimotoriges Flugzeug, konnte aber meinen Zahn nicht übertönen. Die schwarze Katze des Platzverwalters zeigte hinter Grashalmen ein weißes Lätzchen. Mahlke schlief. Das Krematorium zwischen den Vereinigten Friedhöfen und der Technischen Hochschule arbeitete bei Ostwind. Studienrat Mallenbrandt pfiff: Wechsel Fangball Übergetreten. Die Katze übte. Mahlke schlief oder sah so aus. Neben ihm hatte ich Zahnschmerzen. Die Katze kam übend näher. Mahlkes Adamsapfel fiel auf, weil er groß war, immer in Bewegung und einen Schatten warf. Des Platzverwalters schwarze Katze spannte sich zwischen mir und Mahlke zum Sprung. Wir bildeten ein Dreieck. Mein Zahn schwieg, trat nicht mehr auf der Stelle: denn Mahlkes Adamsapfel wurde der Katze zur Maus. So jung war die Katze, so beweglich Mahlkes Artikel - jedenfalls sprang sie Mahlke an die Gurgel; oder einer von uns griff die Katze und setzte sie Mahlke an den Hals; oder ich, mit wie ohne Zahnschmerz, packte die Katze, zeigte ihr Mahlkes Maus: und Joachim Mahlke schrie. - Günter Grass, Katz und Maus. Eine Novelle. Reinbek bei Hamburg 1971 (zuerst 1963)

Katzundmausspiel (4) Eine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus gemacht und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die sie zu ihr trüge, daß die Maus endlich einwilligte, mit ihr zusammen in einem Hause zu wohnen und gemeinschaftliche Wirtschaft zu führen. 'Aber für den Winter müssen wir Vorsorge tragen, sonst leiden wir Hunger,' sagte die Katze, 'du, Mäuschen, kannst dich nicht überall hinwagen und gerätst mir am Ende in eine Falle.' Der gute Rat ward also befolgt und ein Töpfchen mit Fett angekauft. Sie wußten aber nicht, wo sie es hinstellen sollten, endlich nach langer Überlegung sprach die Katze 'ich weiß keinen Ort, wo es besser aufgehoben wäre, als die Kirche, da getraut sich niemand, etwas wegzunehmen: wir stellen es unter den Altar und rühren es nicht eher an, als bis wir es nötig haben.' Das Töpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber es dauerte nicht lange, so trug die Katze Gelüsten danach und sprach zur Maus 'was ich dir sagen wollte, Mäuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter gebeten: sie hat ein Söhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, das soll ich über die Taufe halten. Laß mich heute ausgehen und besorge du das Haus allein.' 'Ja, ja,' antwortete die Maus, 'geh in Gottes Namen, wenn du was Gutes issest, so denk an mich: von dem süßen roten Kindbetterwein tränk ich auch gerne ein Tröpfchen.' Es war aber alles nicht wahr, die Katze hatte keine Base, und war nicht zu Gevatter gebeten. Sie ging geradeswegs nach der Kirche, schlich zu dem Fettöpfchen, fing an zu lecken und leckte die fette Haut ab. Dann machte sie einen Spaziergang auf den Dächern der Stadt, besah sich die Gelegenheit, streckte sich hernach in der Sonne aus und wischte sich den Bart, sooft sie an das Fettnäpfchen dachte. Erst als es Abend war, kam sie wieder nach Haus. 'Nun, da bist du ja wieder,' sagte die Maus, 'du hast gewiß einen lustigen Tag gehabt.' 'Es ging wohl an,' antwortete die Katze. 'Was hat denn das Kind für einen Namen bekommen?' fragte die Maus. ' H a u t a b ,' sagte die Katze ganz trocken. 'Hautab,' rief die Maus, 'das ist ja ein wunderlicher und seltsamer Name, ist der in eurer Familie gebräuchlich?' 'Was ist da weiter,' sagte die Katze, 'er ist nicht schlechter als Bröseldieb, wie deine Paten heißen.'

Nicht lange danach überkam die Katze wieder ein Gelüsten. Sie sprach zur Maus 'du mußt mir den Gefallen tun und nochmals das Hauswesen allein besorgen, ich bin zum zweitenmal zu Gevatter gebeten, und da das Kind einen weißen Ring um den Hals hat, so kann ichs nicht absagen.' Die gute Maus willigte ein, die Katze aber schlich hinter der Stadtmauer zu der Kirche und fraß den Fettopf halb aus. 'Es schmeckt nichts besser,' sagte sie, 'als was man selber ißt,' und war mit ihrem Tagewerk ganz zufrieden. Als sie heim kam, fragte die Maus 'wie ist denn dieses Kind getauft worden?' 'H a l b a u s,' antwortete die Katze. 'Halbaus! was du sagst! den Namen habe ich mein Lebtag noch nicht gehört, ich wette, der steht nicht in dem Kalender.'

Der Katze wässerte das Maul bald wieder nach dem Leckerwerk. 'Aller guten Dinge sind drei,' sprach sie zu der Maus, 'da soll ich wieder Gevatter stehen, das Kind ist ganz schwarz und hat bloß weiße Pfoten, sonst kein weißes Haar am ganzen Leib, das trifft sich alle paar Jahr nur einmal: du lassest mich doch ausgehen?' 'Hautab! Halbaus!' antwortete die Maus, 'es sind so kuriose Namen, die machen mich so nachdenksam.' 'Da sitzest du daheim in deinem dunkelgrauen Flausrock und deinem langen Haarzopf,' sprach die Katze, 'und fängst Grillen:

das kommt davon, wenn man bei Tage nicht ausgeht.' Die Maus räumte während der Abwesenheit der Katze auf und brachte das Haus in Ordnung, die naschhafte Katze aber fraß den Fettopf rein aus. 'Wenn erst alles aufgezehrt ist, so hat man Ruhe,' sagte sie zu sich selbst und kam satt und dick erst in der Nacht nach Haus. Die Maus fragte gleich nach dem Namen, den das dritte Kind bekommen hätte. 'Er wird dir wohl auch nicht gefallen,' sagte die Katze, 'er heißt G a n z a u s.' 'Ganzaus!' rief die Maus, 'das ist der allerbedenklichste Namen, gedruckt ist er mir noch nicht vorgekommen. Ganzaus! was soll das bedeuten?' Sie schüttelte den Kopf, rollte sich zusammen und legte sich schlafen.

Von nun an wollte niemand mehr die Katze zu Gevatter bitten, als aber der Winter herangekommen und draußen nichts mehr zu finden war, gedachte die Maus ihres Vorrats und sprach 'komm, Katze, wir wollen zu unserm Fettopfe gehen, den wir uns aufgespart haben, der wird uns schmecken.' 'Jawohl,' antwortete die Katze, 'der wird dir schmecken als wenn du deine feine Zunge zum Fenster hinausstreckst.' Sie machten sich auf den Weg, und als sie anlangten, stand zwar der Fettopf noch an seinem Platz, er war aber leer. 'Ach,' sagte die Maus, 'jetzt merke ich, was geschehen ist, jetzt kommts an den Tag, du bist mir die wahre Freundin! aufgefressen hast du alles, wie du zu Gevatter gestanden hast: erst Haut ab, dann halb aus, dann ...' 'Willst du schweigen,' rief die Katze, 'noch ein Wort, und ich fresse dich auf.' 'Ganz aus' hatte die arme Maus schon auf der Zunge, kaum war es heraus, so tat die Katze einen Satz nach ihr, packte sie und schluckte sie hinunter. Siehst du, so gehts in der Welt. - (grim)

Katzundmausspiel (5) Eine Katze hatte eine Maus gefangen. »Was wirst du nun machen?« fragte die Maus, »du hast schreckliche Augen.« »Ach«, sagte die Katze, »solche Augen habe ich immer. Du wirst dich daran gewöhnen.« »Ich werde lieber weggehn«, sagte die Maus, »meine Kinder warten auf mich.« »Deine Kinder warten?« sagte die Katze, »dann geh nur so schnell als möglich. Ich wollte dich nur etwas fragen.« »Dann frage, bitte, es ist wirklich schon sehr spät.« - (hochz)

Katzundmausspiel (6)

Katz-und-Maus-Spiel, altägyptisches

Katze und Maus machen einen Boxkampf,
Adler spielt Schiedsrichter.
Altägyptisches Relief

- (loe2)

Katzundmausspiel (7)  Kurt Tucholsky und einige aus seiner Kompagnie schauen zu, ›Die Katze spielt mit der Maus‹, eine Szene hinter der Front, während einer Gefechtspause im Ersten Weltkrieg.

»Die Katze läßt die Maus laufen. Die Maus flitzt, wie an einer Schnur gezogen, davon - die Katze mit einem genau abgeschätzten Sprung nach. Mit der letzten Spitze der ausgestreckten Pfote hält sie die Maus. Die Maus zappelt. Die Pfote schiebt sich langsam hin und her; die Pfote prüft die Maus. Die Katze liegt dahinter und dirigiert das Ganze. Aber das ist nicht mehr ihre Pfote - das ist ein neues Tier, das nur für den Zweck erschaffen ist, ein wenig, so grausam wenig schneller als die Maus zu sein. Die Pfote hebt sich, die Maus stürzt davon - sie darf stürzen, ja, das ist gradezu vorgesehen. Die Pfote waltet ihr zu Häupten und schlägt sie im letzten Augenblick nieder. Die Maus quiekt. Jetzt wird das Tempo lebhafter.«

Es ist nicht mehr viel mit der Maus - sie humpelt, fällt auf die Seite, quietscht leise. Wieder hat sie die Katze, aber als sie jetzt losgelassen wird, regt sie sich nicht. Sie ist tot. Das bringt die Katze außer sich. Wie? Die Maus will nicht mehr? Sie ist nicht mehr lebendig, nicht mehr bei der Sache, kein halb widerwilliges Spielzeug, bei dem der Hauptreiz darin bestand, daß es sich sträubte. Hopp -dann machen wir sie lebendig! Hopp - der Tod hat mir in mein Spiel nichts hereinzuspielen, das sage ich, die Katze! Und packt die Maus mit den Zähnen, schüttelt sie und wirft sie sich über den Kopf und springt hoch in die Luft und fängt sie wieder auf. Die Katze ist toll. Sie rast, sie tobt mit dem kleinen grauen Bündel herum, das sich nicht mehr bewegt, sie tanzt und wälzt sich über die Maus. Dann gibt es einen kleinen Knack; der Höhepunkt ist überschritten, die Katze beginnt erregt, doch schon gedämpft, zu knabbern. Knochen knistern - die Maus wird im Querschnitt dunkelrot -. Aber das ist keine Allegorie. Eine Allegorie ist ein Sinnbild, eine rednerische Form des Vergleichs, ein, wie es heißt, veraltetes Hilfsmittel. Das aber ist Leben - ist nichts andres als unser menschliches Tun auch. Es ist kein Unterschied: das war eine Katze, und wir sind Menschen - aber es war doch dasselbe.

Natürlich ist die Katze ein Tier wie andre auch. Und sie ist stärker als die Maus, und das hat sie ausgenutzt weit über die Nahrungsfrage hinaus. Sie hatte die Kraft. Und die Maus litt. Und dieser Schnitt klafft durch alles, dieser Riß spaltet alles - da gibt es keine Brücke. Immer werden sich die zwei gegenüberstehen: die Katze und die Maus.« - Nach (loe2)

Katzundmausspiel (8)  Das, was die Katze mit der gefangenen Maus treibt, wird als Spiel bezeichnet. Ein Glücksspiel werden wir es nicht nennen dürfen, obwohl der Zufall nicht ganz fehlt, wenn die Maus eine Chance hat, während des Spiels zu entrinnen. Das Katze-Maus-Spiel ist, mit den Augen der Katze betrachtet, mehr ein Geschicklichkeitsspiel, bei den jungen Katzen wohl auch ein vorahmend-nachahmendes Spiel, das die alte Katze für sie in Gang bringt.

Ist das Katze-Maus-Spiel aber überhaupt ein Spiel: Die Maus ist nicht in der Lage, irgendwelche Spielregeln frei zu übernehmen oder frei preiszugeben. Sie steht unter einem Zwang, dem sie kaum entrinnt, und das Spiel pflegt damit zu enden, daß sie getötet und gefressen wird. Mag die Katze spielen, die Maus spielt in keinem Falle mit. - Friedrich Georg Jünger, Die Spiele. München 1959

Katzundmausspiel (9)  

Katzundmausspiel (10)  

Katzundmausspiel (11)  

Katzundmausspiel (12)  Wenn er sich mit Kronski stritt, war er ein anderer Mensch. Diese Sucht nach Vollendung, diese pädagogische Leidenschaft, die für ihn als Musiklehrer ein so gewaltiges Plus war, reduzierte ihn auf lächerli­che Proportionen, wenn er die Welt der Gedanken betrat. Kronski spielte mit ihm wie eine Katze mit der Maus. Er genoß es, seinen Geg­ner aufs Glatteis zu führen. Er verteidigte nichts, außer seine eigene geistig bewegliche Sicherheit. Arthur Raymond hatte etwas von dem Stil Jack Dempseys, wenn es zu einer hitzigen Diskussion kam. Er griff ständig mit kurzen, schnellen Stößen an, wie ein mit tanzenden Beinen ausgestatteter Hackklotz. Dann und wann machte er einen Ausfall - einen glänzenden Ausfall, nur um festzustellen, daß er mit dem leeren Raum kämpfte. Kronski verstand es, völlig zu verschwin­den, gerade wenn er in die Seile gedrängt schien. Eine Sekunde später fand man ihn am Lüster hängen. Er verfolgte keine erkennbare Stategie, außer sich nicht fassen zu lassen, zu reizen und zu spotten, seinen Gegner rasend zu machen - und dann das Kunststück des Verschwindens zu vollbringen. - Henry Miller, Sexus. Reinbek bei Hamburg 1980 (zuerst 1947)

 

Katze Maus Spiel
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Maus