atzentante  Gus öffnete die Tür und schnupperte die Luft, wobei er das Gesicht verzog, als wären ihm Tabakrauch und halbgare Hamburger lieber. Dann hielt er Ausschau, ob Terry rechtzeitig aufkreuzen würde - natürlich, da war er. Neben dem Briefkasten, drei oder vier Meter von Gus' Imbißlokal entfernt, saß ein großer, rauflustig aussehender schwarzer Kater mit bösen gelben Augen und putzte sich, offensichtlich im Einklang mit seiner Umwelt und sich vor nichts fürchtend.

»He, Terry, du großer Strolch!« rief Gus, und sein dickes häßliches Gesicht verzog sich zu einem breiten, freundlichen Grinsen. »Du wartest wohl auf deine Zuteilung, wie?« Terry antwortete mit einem scharfen Schrei, erhob sich dann und spazierte zu Gus herüber. »Du alter Bettler«, sagte GusS. »Du weißt auch, wie man ohne Arbeit zu was kommt. Und zu seinen Weibern kommt er auch. Kluges Tier.«

Gus trat in das Lokal zurück, und Terry folgte ihm mit äußerster Würde und hocherhobenem Schwanz.

Der große Mike sah vergnügt auf den Kater hinab. Der Lastwagenfahrer blickte von seinem Studium der weiblichen Anatomie auf und ärgerte sich.

»Was hat das große dreckige Vieh in einem Eßlokal zu suchen?« fragte er. »Diese verdammten Katzen! Ich fahr' jede zusammen, die ich erwische. Wie die Leute bloß drauf-kommen, Katzen zu füttern, wo's Kinder gibt, die nicht genug zu essen haben.«

Mike stöhnte leicht und ging schnell ans andere Ende der Theke. Die beiden Herumtreiber blickten noch nicht einmal von ihrem Essen auf. Aber Gus hob den Kater hoch und setzte ihn auf die Theke und begann, ihn mit rohen Buletten zu füttern, die er anmutig zu sich nahm.

»Wollen Sie die Zeitschrift kaufen?« fragte Gus ruhig.

Der Lastwagenfahrer lachte. »Wozu? Ich hab' mir die ganzen Frauenzimmer, die drin sind, schon angesehen. Warum? Wollen Sie deshalb ein Theater machen?«

Mike stöhnte wieder, drehte ihm den Rücken zu und begann, bereits polierte Gläser zu polieren.

»Sie haben sich wohl ein bißchen verirrt, Kumpel, was?« fragte Gus.

»Wie meinen Sie das, Dicker?«

»Ich meine, Sie stammen nicht hier aus Camden Square. Sie sind auf der Durchfahrt - nur hätten Sie etwas schneller machen sollen.«

Gus kam mit einer Geschwindigkeit, die selbst Mike überraschte, um die Theke herum, ergriff den Lastwagenfahrer am Arm, wirbelte ihn herum, packte ihn am Hosenboden, zog ihn in die Höhe, bis der Kerl auf den Zehenspitzen stand, und schubste ihn dann durch den kleinen Raum und zur Tür hinaus. Dem verblüfften Fahrer noch einen Stoß gebend, rief er: »Lassen Sie sich ja nicht wieder blicken. Und wenn ich Sie je eine Katze überfahren sehe, schlage ich Ihnen die Zähne ein!« - W. R. Burnett, Asphaltdschungel. München u.a. 1963

Katzentante (2)  Das Mädchen hatte die Tür nicht ganz geschlossen. Diese öffnete sich lautlos, als fünfzehn Minuten verstrichen waren, und Wolf, der rasch aufstand, um die Hausfrau zu begrüßen, fand sich im Angesicht dreier Katzen, die ernst und behutsam, eine nach der anderen, gegen die Mitte des Zimmers gingen. Er machte eine linkische Bewegung des Willkommens vor diesen Tieren, die einander in Gestalt, Größe und Temperament glichen — in allem, mit Ausnahme der Farbe, die weiß war, beziehungsweise schwarz und grau. Doch statt seine Avancen zu beachten, sprangen die Katzen in je einen Fauteuil, rollten sich zusammen und bewachten mit halbgeschlossenen müden Augen die Tür, durch die sie gekommen waren. Er hatte das Gefühl, als befände er sich im Hause des Marquis von Carabas und als wäre jede der drei Katzen ein Lordkämmerer.

Er sank auf das Sofa zurück und starrte die Katzen der Reihe nach verdrießlich an. Er entschied sich dafür, daß ihm die schwarze am besten und die graue am wenigsten gefiel. Er entschied sich auch dafür, daß die weiße der Liebling ihrer Herrin sein müsse.

Auf diese harmlose Weise war er beschäftigt, als Selena Gault selbst eintrat. Er stand auf und ging ihr mit ausgestreckter Hand entgegen. Aber es war ihm unmöglich, in seinem Gesichtsausdrucfc den Schrecken zu unterdrücken, den ihre Erscheinung ihm verursachte; und es verminderte seine Überraschung nicht, als sie seine Bewegung mit einer förmlichen Verbeugung und einem steifen Übersehen seiner Hand erwiderte.

Sie war eine große, knochige Frau, mit einem so auffallend häßlichen Gesicht, daß es unmöglich war, sich dieser Häßlichkeit nicht sofort bewußt zu werden. Und es wurde ihm im weiteren Verlauf des Gespräches klar, daß sie, wenn er nur imstande gewesen wäre, ihr Gesicht gleichgültig zu betrachten, einen der glücklichsten Augenblicke ihres Lebens genossen hätte.  - John Cowper Powys, Wolf Solent. Wien Hamburg 1986 (zuerst 1929)

 

Tante Katze

 

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