atoptrik
Schon seit ich, noch kaum den Kinderschuhen entwachsen, zum ersten Male entdeckte,
wie sehr die Betrachtung der gläsernen Gärten, die auf dem Grunde von Spiegelbrunnen
wirbeln, meine Fähigkeit zu praktischen Entscheidungen und gewagten Prognosen
beflügelt, sammle ich Kaleidoskope. Die relativ junge Geschichte dieses Gegenstandes
(das Kaleidoskop wurde im Jahre 1817 von dem schottischen Physiker Sir David
Brewster, Autor unter anderem eines Treatise on New Philosophical Instruments,
zum Patent angemeldet) zog meiner Sammlung enge zeitliche Grenzen. Doch früh
schon richtete ich mein Augenmerk auf eine antiquarische Spezialität von weit
höherem Rang und stärkerer Suggestion: auf die katoptrischen Apparate des 17.
Jahrhunderts, kleine Schaubühnen von diverser Machart, die eine Figur vervielfacht
zeigen, je nach Anzahl und Stellung der sie umgebenden Spiegel. Mein Ziel ist
eine vollständige Rekonstruktion der Sammlung des Jesuiten Athanasius Kircher,
der nicht nur Autor einer Ars magna lucis et umbrae (1646) war, sondern
auch Erfinder eines »polydyptischen Theaters«, in welchem fünf Dutzend Spiegelchen,
die das Innere einer großen Schachtel auskleiden, einen Zweig in einen Wald
verwandeln, einen Bleisoldaten in eine Armee und ein Büchlein in eine Bibliothek.
- Italo Calvino, Wenn ein Reisender
in einer Winternacht. München 2007 (Zuerst 1979)
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