ater  Beherrscht wurde das Haus zum Teil von dem Dienstmädchen Parker, die ein weithin bekanntes Original war, noch mehr aber von Buchanan, einem großen schwarz-weißen Kater. Buchanan, von unbekannter Herkunft, hatte eines Tages das Haus betreten und ganz offenbar die Leitung übernommen. Zu den Mahlzeiten kam er erst herunter, nachdem die ganze Familie im Eßzimmer versammelt war, und wenn es so weit war, bestand er darauf, daß Sir Edmund hinaufging und zum Abendessen läutete. Dann schritt Buchanan würdevoll die Treppe hinab und nahm seine Mahlzeit mit den anderen Familienmitgliedern ein. Zur Teestunde weigerte er sich entschieden und ohne Anzeichen von Nachgiebigkeit, seine Sahne zu schlecken, wenn ihm nicht Lady Gosse kniend die Untertasse hielt. War Buchanan, was gelegentlich vorkam, aus dem einen oder anderen Grunde ungehalten, verließ er den Raum, woraufhin sich achtungsvolle Stille ausbreitete. Ich erinnere mich, wie er einmal, als ich dort zu Abend aß, nach der Mahlzeit auf seine nachdrückliche Weise den Raum verließ und Sir Edmund und Lady Gosse in furchtsamem Flüsterton alle denkbaren Ursachen durchgingen, die ihm Anlaß zur Gekränktheit hatten geben können. Buchanan besaß sein eigenes spezielles Briefpapier mit Umschlägen, nicht zu groß, und wenn Sir Edmund auf Reisen ging, diktierte Buchanan täglich Briefe für ihn (Lady Gosse teilte mir flüsternd mit, sie müsse zu ihrem Bedauern sagen, daß Buchanan ein arges Klatschmaul sei), und Sir Edmund beantwortete sie. - Edith Sitwell, Mein exzentrisches Leben. Frankfurt am Main 1994 (Fischer-Tb. 12126, zuerst 1965)

Kater (2)  Der Kater irrt unter dem Tisch herum und streicht um einen Fauteuil. Er wetzt seine Krallen am Velours und zieht dünne Bahnen in den Stoff. Lang und schmal wird sein schwarzer Körper, als er, die Hinterbeine auf dem Teppich, die Vorderpfoten auf den Fenstersims stützt; unter dem schwarzen Fell zeichnen sich die Schulterblätter ab. Er kratzt an der Scheibe, seine Pfote gleitet quietschend übers Glas, und er verfängt sich mit den Krallen im Gittermuster des Vorhangs. Schräg hält er seinen Kopf und schaut nach draußen in die einfallende Mainacht; seine Augen werfen den Schimmer einer Laterne zurück. Bis er in seiner Lauer die Schnurrbarthaare hochstellt und seine Lippen leckt. Er läßt sich fallen und fängt mit den gepolsterten Ballen sein Gewicht auf, legt sich hin, die eine Hinterpfote senkrecht hochgestreckt, und fährt mit der Zunge zwischen die Beine, leckt sein schwarzes Fell und streichelt die Haare glatt. Am hochgestreckten Hinterbein wird an der schwarzbehaarten Pfote zwischen den Zehen ein weißes Büschel sichtbar, und wie er sich auf die Seite legt und alle Viere von sich streckt, zeigen auch die andern Pfoten solch weiße Haare. Doch dann rollt er sich ein, deckt mit einem Hinterbein das andere zu, bettet die Vorderpfoten an die Brust, legt Schultern und Kopf darüber und ist wieder nur ein schwarzes Tier. Sein Schnurren geht in einem leisen Atmen auf, und ihn durchzuckt ein Seufzen, das sich unterm Fell im Körper verteilt; kurz schaut der Kater auf, blinzelt und sinkt erneut in Schlaf. Doch dann schnellt er hoch, macht einen Buckel und drückt den Kopf zwischen die Beine fast bis zum Boden, gähnt und zeigt ein gelangweiltes Gebiß. Er läuft los, durch den Flur ins Schlafzimmer, stoppt, schaut nach seinem Schwanz, beißt nach ihm und dreht sich ein paar Mal um sich selber, entdeckt ein zerknülltes Papier, bringt es mit den Pfoten zum Rollen, kriecht ihm unters Bett nach, läßt es rascheln und läßt es bleiben. Er mißt seine Schritte und geht zurück, den Schwanz aufrecht, das Ende spielerisch gebogen, unter dem schwarzen Schwanzansatz das helle Afterrund. Er hockt sich vor seinen Napf, hält das Fleisch mit den Vorderpfoten fest, reißt Portionen ab, wirft mit jedem Bissen den Kopf zurück und raspelt mit seiner Zunge am Knochen. Bevor er die Küche verläßt, bleibt er an der Tür stehen und reibt sich den Rücken am Pfosten. In der Stube verweilt er einen Moment und legt sich hin. Sein Körper wird länger und schmaler, weil er mit ihm zugleich die Vorder- und Hinterbeine streckt und die Krallen aus den Hornscheiden schnellen läßt. Er wälzt sich, wohlig und wollüstig, hebt den Kopf und schaut in alle Richtungen, legt den Kopf in den Nacken, reibt ihn am Boden, streichelt sich selber mit dem Flor des Teppichs und macht mit dem Unterleib stößige Bewegungen.  - (loe)

Kater (3)  Alexander Wladimirowitsch war nun am Ende seines zweiten Sommers endlich soweit, seine Herrschaft auf das gesamte Territorium auszudehnen, das zu unterwerfen er beschlossen hatte, eine Art poldevisches Fürstentum oder Enklave in barbarischen Gegenden: Dieses Territorium umfaßt den Bürgersteig auf der eusebischen Seite der Rue des Citoyens, die Grünanlage Grands-Edre-dons und die umliegenden Häuser, einschließlich der Kirche Sainte-Gudule. Nach einigen denkwürdigen Schlachten hatte er die Dachkater und die umherstreunenden Katzen daraus vertrieben; alle Barone der Gegend hatten sich ihm unterworfen, und seine Autorität wurde nur noch selten von einem Neuankömmling in Frage gestellt. Anschließend hatte er die Hunde durch gut vorbereitete Hinterhalte in einen Zustand panischer Angst versetzt, wobei er bei einem Dobermann eine nervöse Depression verursachte, die durch Psychoanalyse-Sitzungen und Hammelkeulen geheilt werden mußte. Der Hund des Antiquitätenhändlers, Monsieur Anderthal, eine sehr alte Bulldogge, wagte fast keinen Fuß mehr vors Haus zu setzen. Seine Wirkung auf Balbastre, genannt Babou, den Hund des alten Sinouls, war besonders spektakulär; sobald Balbastre Alexander Wladimirowitsch auch nur von weitem sah, setzte er sich aufs Hinterteil und begann ununterbrochen zu bellen, wobei er das Orgelspiel nachahmte, das man die »menschliche Stimme« nennt; das war so schaurig, daß der alte Sinouls, der zunächst versucht hatte, ihn mit Fußtritten und Beschimpfungen wie »du Hund eines Säufers« zu heilen, darauf hatte verzichten müssen, ihn in die Lebensmittelhandlung und sogar in die Grünanlage mitzunehmen. Blieben noch die Vögel und die Kinder. - Jacques Roubaud, Die schöne Hortense. München 1992 (dtv 11602, zuerst 1985)

Kater (4)   Der Kater bedeutet einen Ehebrecher; denn er stellt immer den Vögeln nach; die Vögel aber gleichen den Frauen. - (art)

Katze

 

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