arren   Es gibt gute Menschen, die wie gelähmt den traurigen Zug begleiten und in magischer Verzauberung sich nicht eher losreißen können, als bis der letzte Kopf unter dem dreieckigen Messer gefallen ist. Es gibt Menschen, die dabei stehen, »um stark zu werden«, und es gibt solche, die nie darüber nachgedacht haben, warum sie dabei sind. An »großen Tagen« ist natürlich ganz Paris auf den Beinen, und die Neugier, einen Danton oder die Königin zum letzten Male - und in vielen Fällen auch zum ersten Male - zu sehen, überwiegt alles Zartgefühl und alles Grauen. Und was sehen diese Menschen? Einen Karren voller gefesselter Menschen, die in den meisten Fällen ruhig, ja stolz und in ihr Schicksal ergeben sind. Wie selten geschieht es, daß einer dieser Verurteilten sich gegen sein Los aufbäumt! Und wenn die Sterbenden es so ruhig nehmen, warum sollen die Überlebenden sich empören?  - Friedrich Sieburg, Robespierre. München 1965 (zuerst 1935)

Karren ⁽²⁾  Die Tür ging auf, alles wurde hell. Es war keine Lampe. Die Quelle der Helligkeit konnte ich nicht sehen. Eine kleine Karre kam herein. Sie sah aus wie eine viereckige Kiste und war mit einem roten Tuch bedeckt. Sie hatte keine Räder. Ich konnte keine Räder entdecken. Ich hörte ein Geräusch, das dort herkam, wo die Räder sein mussten, aber ich sah keine Räder. Die kleine Kiste kam ans Bett heran. Ich war sehr entsetzt. Ich war wirklich wach, denn einige Minuten vorher war ich urinieren gewesen. Ich hatte mich gerade wieder hingelegt. Auf der Kiste standen zwei umgestülpte Gläser. Unter jedem Glas war eine Puppe. Diese Puppen sprachen, aber ich verstand nicht, was sie sagten. Sie bewegten den Kopf, sie bewegten die Arme, sie bewegten ibre kleinen Beine .. und sie machten allerhand Sachen. Und ich blieb stumm. Ich konnte nicht schreien. Ich konnte nicht aufstehen. Ich musste dableiben und ihr Affentheater mit ansehen. Als ich endlich einen Schrei aus-stossen konnte, kam meine Tante. Ich erzählte ihr, was vorgefallen war und sie nahm mich mit in ihr Zimmer. Ich wollte nicht länger im Haus meiner Tante schlafen und ging zu meiner Grossmutter mütterlicherseits, die in derselben Strasse wohnte. Dort sah ich nie mehr das Geringste. Mir kam die Idee, dass ich von zu Hause weglaufen musste ...   - (xan)