arpfenteich Ich hatte geträumt. Ich, der deutsche Informatiker, war bei japanischen Großeltern gewesen. Eine ganze Sippe asiatische: Anverwandter war um mich versammelt. Ich und die traumverwandten Japaner standen mit hochgekrempelten Hosenbeinen auf nackten Füßen am Ufer eines großen Fischteichs. Über eine hölzerne Schleuse wurde das Wasser abgelassen. Im Schlamm der freigewordenen Grube wälzten sich gewaltige, großschuppige Karpfen. Wir stieger hinunter und hievten die schweren Tiere in Wannen, gefallt mit Kalk. Erst wenn sie rundum weißbestäubt waren kamen die Karpfen in Bottiche mit klarem Wasser.
Die Kalkbehandlung war nötig, weil die Fische von
Parasiten befallen waren. Blutegel, Saugkäfer und Vielfüßler in
erstaunlicher Zahl hatten sich zwischen den Schuppen in ihr Fleisch
gefressen. Mein japanischer Vater zeigte auf einzelne besonders große
Exemplare dieser Schmarotzer und nannte ihre japanischen Namen.
Ich verstand jedes Wort, und die Benennung des widerlichen Ungeziefers
half mir, meinen halswürgenden Ekel zu bändigen. Zuletzt wurde die leere
Grube mit Kalk ausgestäubt. Wir warfen den ätzenden Staub mit hölzernen
Schippen von oben auf den Schlamm. Und jetzt erst, da die scharfe Lauge
in den Boden sickerte, ließ sich erkennen, wie reich der Teich an
Getier war. Zischend und blubbernd geriet der schmierige Grund in
Bewegung. Würmer von unglaublicher Größe wälzten sich, weißgepudert und
offenbar qualvoll sterbend, dem Rand der Grube und damit uns entgegen. - Georg Klein, Anrufung des blinden Fisches. Berlin 2000
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