Eine Kompanie Musketiere sollte den Aufruhr beschwichtigen, und ihr Leutnant, Herr d'Avejan, hatte Befehl, auf die Kanaille zu feuern, denn so nannte man damals das Volk in Frankreich. D'Avejan machte sich aber als anständiger Mensch ein Gewissen daraus, auf seine Mitbürger schießen zu lassen und führte seinen Befehl auf folgende Art aus: Er ließ zur Salve antreten, und ehe er 'Feuer' kommandierte, ging er auf die Menge zu, in der einen Hand seinen Hut, in der anderen den Befehl des Hofes.
"Meine Herren," rief er, "laut Befehl soll ich auf die Kanaille feuern. Ich bitte daher alle anständigen Leute, sich zu entfernen, bevor ich Feuer geben lasse."
Alle verschwanden so rasch wie möglich.
- (
Chamfort
)
Kanaille (2)
PAULINE VIARDOT: Dieser Herr ist ein scheußlicher Alptraum — Redakteur irgend einer infam-verleumderischen Gazette — er ist eine Pest, eine Canaille — zudem ein Feigling. Wenn er keine Arbeit hat, geht er zur Polizei — als Mann in der zweiten Reihe — er wird nie erster sein. Dieser Mensch tut für Geld alles, was man von ihm verlangt — niederträchtig von Kopf bis Fuß. |
- (turg
)
Kanaille (3) Es sei einfach nicht mehr
möglich, sagte Condé mir fluchend, die Unverschämtheit
und Frechheit dieser Bürger zu ertragen, die ja
die Autorität der Krone antasteten; solange er geglaubt habe, sie hätten
es nur auf den Mazarin abgesehen, sei er für sie gewesen; ich selbst
hätte ihm ja mehr als dreißigmal zugegeben, man könne sich niemals ganz
auf Leute verlassen, die von einer Viertelstunde zur andern nicht für sich
einstehen könnten, weil sie nie auch nur für einen Augenblick für ihre
Körperschaft einzustehen in der Lage seien; dazu könne er sich nicht hergeben,
der General einer Armee von Narren zu werden, denn einen vernünftigen Mann
könne es doch nicht geben, der sich zu einem derartigen Haufen dränge;
er sei Prinz von Geblüt; er wolle den Staat nicht erschüttern. -
(
retz
)
Kanaille (4)
Du tanztest vor dem Großmetropoliten Voll Wehmut noch gedenk ich deiner Taille, Du bliest den Teufel einst durch deine Lippen Ich sah dich gestern tot in der Terrine, |
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Edgar Firn
,
Bibergeil
.
Pedantische
Liebeslied
er (1919)
Kanaille (5)
Kanaille (6) Uns gegenüber bremste ein Wagen, langgestreckt wie eine Granate. Ihm entstiegen ein Engländer und eine Frau im Zobelcape. In einer warmen Wolke von Parfüm und Pelz schwebte sie an uns vorüber, unwahrscheinlich lang, mit schimmerndem, kleinem Porzellankopf. Bienal gab es einen Ruck nach vorn, als er sie sah, er setzte das Bein in der verschlissenen Hose vor und zwinkerte ihr zu, wie man den Mädchen in der Rue de la Gaité zuzwinkert. Die Frau lächelte mit einem Winkel ihres karminroten Mundes, neigte kaum merklich den rosaverschleierten Kopf, dann war sie, den Schlangenleib wiegend und windend, verschwunden. Hinter ihr her schritt knarrend und steif der Engländer.
»Ah, canaille!« sagte Bienal, ihnen nachblickend. »Vor zwei Jahren
schaffte man's bei ihr noch mit einem Aperitif.« -
(babel)
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