ameradschaft   Auch die Kameradschaft war im Ersten Weltkrieg eine andere als im Zweiten Weltkrieg, und zu Weihnachten 1915, als ihnen an der italienischen Front ein Pferd erfroren ist, haben mit Ausnahme eines gewissen Thomas Raffreider, eines Fleischhauergesellen aus St. Veit an der Glan, alle geweint. Keiner hat sich geschämt, weil es ergreifend war. Weihnachten an der Front ist das Schönste, was es überhaupt auf der Welt gibt. Im Frieden ist es leider ganz anders, weil es zu viele Geschenke gibt, sagt Großvater, jedoch keine Kameradschaft. Wenn man aber nicht weiß, ob man noch lange auf dieser Welt und am Leben ist, feiert man das Fest des Friedens ganz anders. Es ist sehr schön, wenn man sich, wie der Großvater, in der Stellung S auf der Marmolata befindet und mit den Kameraden stille Nacht und heilige Nacht singt und es ist ein Ros entsprungen. Draußen geht ein wilder Sturm, und es ist finster und unheimlich, wodurch es im Schneebunker warm und friedlich ist. Die Soldaten denken an daheim und an die Frau und die Kinder (wenn sie welche haben), die gerade den Christbaum entzünden und an den Vater an der Front denken und recht traurig sind, weil er nicht bei ihnen ist, sondern an der Front, so daß sie ihn entbehren müssen. Es ist sehr erhebend, wenn man weiß, daß jemand an dich denkt, sagt Großvater, und im Ersten Weltkrieg hat man dieses Gefühl immer gehabt, jedoch am stärksten zu Weihnachten. Die Kriegsweihnachten sind allen in unvergeßlicher Erinnerung. Auch die Pferde haben gespürt, daß Christus der Heiland auf die Welt gekommen ist, obwohl sie zur unvernünftigen Kreatur gezählt werden müssen. Sie sind dagestanden und haben den Kopf gesenkt. Da haben die Soldaten gewußt, was sie sagen wollen. Nur im Krieg ist der Frieden wirklich schön.  -  Alois Brandstetter, Überwindung der Blitzangst. München 1974 (dtv sr 27, zuerst 1971)

Kameradschaft (2) »Wir alle hier sind Kameraden«, redet Bandura vor dem Grab, »alle sind wir Mitglieder einer großen Familie, Geliebte, Bräutigame, was sage ich: Männer einer selben Frau, Kavaliere dieser selben Dame, Brüder desselben Loches, wir alle haben von derselben Quelle getrunken, haben aus derselben Flasche Rum gesoffen, wir haben an derselben Schulter geweint, haben uns in dasselbe Waschbecken übergeben, haben hinter demselben grünen Baldachin...«    - (kis)

Kameradschaft (3) Er sah, daß Juden einen Toten aus der Erde gegraben hatten und auf diesen einschlugen. »Was wollt ihr von ihm und warum schlagt ihr ihn?« fragte der Jüngling. »Er schuldet uns zwölf Piaster«, sprachen die Juden. »Ich gebe euch die zwölf Piaster, doch laßt von dem Toten ab«, sagte der Königssohn. Er gab ihnen das Geld, und sie ließen von der Leiche. Bald darauf erhob sich der Jüngling und wanderte weiter. Doch der Tote folgte ihm. »Wohin führt dein Weg?« fragte er den Jüngling. »Ich wandere in die Welt hinaus.« — »Nun, ich auch. Komm, wir wollen gemeinsam wandern und Kameraden werden.« — »Wohlan, es sei!« — »Folge mir!« sprach der Tote, »ich werde dich schon führen.« Er nahm den Jüngling mit und brachte ihn in ein Dorf. Hier lebte ein Mädchen. So mancher Mann hatte es schon genommen, aber ein jeder war schon in der Brautnacht gestorben. Der Tote sprach zum Jüngling: »Ich werde dich irgendwo verbergen und dir ein Weib nehmen. Allein wir werden trotzdem stets Kameraden bleiben.«

Der Tote aber nahm jenes Mädchen für den Jüngling. Aus ihrem Munde kam jedoch ein Drache. Der Tote aber sprach zu seinem Kameraden: »In der Nacht, wenn du dich mit dem Mädchen auf das Lager niederlegst, werde ich mich zu euch legen.« Er nahm also sein Schwert und trat am Abend zu den beiden ins Schlaf gemach. Der Jüngling aber meinte: »Das geht nicht; doch wenn du willst, so sei das Mädchen dein.« Aber der Tote entgegnete: »Sind wir nicht Kameraden? Du legst dich zu ihr und ich schlafe hier.«

Um Mitternacht sah der Tote, daß das Mädchen seinen Mund öffnete und der Drache herauskam. Sogleich aber zog er sein Schwert und schnitt die drei Drachenköpfe ab. Er verbarg sie in den Falten seines Gewandes, legte sich nieder und schlief ein. Am nächsten Morgen erhob sich das Mädchen und sah, daß ihr Geliebter noch lebend bei ihr lag.

Dem Vater des Mädchens aber wurde berichtet: »Der Mann deiner Tochter ist heute nacht am Leben geblieben.« — »So soll er mein Schwiegersohn werden!« sagte der Vater. Der Jüngling aber ging mit dem Mädchen zu ihrem Vater. »Komm«, sagte nun der Tote, »wir wollen das Vermögen des Mädchens untereinander teilen.« Da machten sie sich ans Teilen. »Ihr Vermögen haben wir nun geteilt«, meinte nun der Tote, »so laß uns nun auch dein Weib teilen!« Der Königssohn aber entgegnete: »Wie können wir sie teilen, wenn du sie haben willst, so nimm sie ganz.« Doch der Tote blieb dabei. »Ich will sie nicht ganz, wir wollen sie teilen.«

»Wie wollen wir sie denn teilen?« fragte der Königssohn. »Laß mich sie nur teilen!« Da ergriff sie der Tote, band ihre Knie und sprach: »Halte du das eine Bein fest, ich halte das andere.« Er hob nun das Schwert, um das Mädchen zu treffen. In ihrem Schrecken öffnete sie den Mund und schrie auf. Da fiel der Drache heraus. Der Tote sagte hierauf zu dem Kameraden: »Ich brauche weder eine Frau noch Geld. Diese Drachenköpfe waren es, die die Freier zerfleischten. Nimm das Mädchen, sie und ihr Geld sei dein. Du hast mir eine Wohltat erwiesen, ich konnte sie dir jetzt vergelten.« — »Was für eine Wohltat habe ich dir erwiesen?« — »Du hast mich aus den Händen der Juden befreit.«   - (zig)

Kameradschaft (4)  Immer hat es einen Mann von zweifelhaftem Ruf und mit einer pittoresken Persönlichkeit gegeben, der mit dieser Dame in Verbindung stand. Ihre Beziehungen sind von dem übermütigsten Geist der Kameradschaft geprägt gewesen. Einmal ist es William gewesen, ehemaliger Seemann in Admiral Deweys Flotte bei Manila, dann Tom O'Rourck, der zu ihr gekommen ist, um Gelegenheitsarbeiten zu verrichten und mehr oder weniger umsorgt zu werden, wenn er betrunken oder krank war, ihre Penelope. William pflegte zur größten Erheiterung meiner Mutter und zu seinem polternden Leidwesen von einem Weinspalier zu fallen oder, von schlechtem Whisky fast betäubt, zur Hintertür zu torkeln. Dort tischte sie ihm gewöhnlich einen sehr heißen und sehr starken Kaffee auf, dann zwang sie ihn, den Küchenboden zu scheuern, und goß in seinen Eimer Seifenlauge eine halbe Flasche Ammoniak, das den Mann nach Luft schnappen ließ und ihm Wasser in die Augen trieb, so daß er beim Arbeiten wieder nüchtern wurde.

Immer ist sie unfähig gewesen, aus Vorteil oder Unglück zu lernen. Wenn ein Mann sie hintergeht, bleibt dieser Mann ihr mit einer Heftigkeit in Erinnerung, die ich sonst selten angetroffen habe, aber soweit dies einen Einfluß auf ihr Urteil über den nächsten Mann oder die nächste Frau haben könnte, mochte sie im Garten Eden leben. Und dort lebt sie in der Tat, in einem verarmten, geschändeten Eden, aber einem, so unzerstörbar wie die Imagination selbst. Was immer in ihr Blickfeld tritt, genügt sich selbst und ist auf solche Weise zu schätzen.    - (kore)

Kameradschaft (5)  Als General von Schleicher [1. Garderegiment zu Fuß, Generalstabsangehöriger, Chef des Ministeramtes, Reichswehrminister] erschossen werden sollte, half ihm keiner [der so vielen in den Sattel geholfen, der vieles gedeckt hatte]. Sein Kamerad von Bredow [r. Garderegiment zu Fuß, Pour-le-mérite-Träger, Angehöriger des Generalstabes] wurde am gleichen Tage erschossen. Freunde von ßredows und von Schleichers versuchten, den stellvertretenden Oberbefehlshaber des Heeres oder den Chef des Generaistabs anzurufen und um Hilfe zu bitten; die Befehlshaber waren nicht erreichbar: in Konfliktfällen, in denen ein Befehlshaber nicht handeln kann oder darf [oder den Umständen nach trotz tragischen Konfliktes nicht handeln wollen kann], andererseits, benachrichtigt, ehrenhalber handeln müßte, durfte er nicht erreichbar sein. Im Falle des Generaloberst von Fritsch handelte es sich um ein angebliches Sittlichkeitsdelikt. Der Chef des Generalstabes Beck half von Fritsch wenigstens insoweit, als er eine Kompanie Soldaten in die Nähe des angeblichen Tatorts stellte, an dem von Fritsch von der Staatspolizei verhört wurde; wäre von Fritsch tätlich bedroht worden, hätte die Kompanie geschossen. Veranlaßt war dies durch Generaloberst Beck, dem niemand half, als er von Hitler fortgeschickt wurde. Entschlossen wichen die erfolgreichen Panzergeneräle Gude-rian und Hoepner mit ihren auf verlorenen Posten in der Kälte befindlichen Panzerwagen Ende Dezember 1941 aus. Vorher hatten sie um entsprechende Befehle gebeten; der Generalstabschef Halder ließ sich durch seinen Ordonnanzoffizier, als Hoepner dringend anrief, verleugnen, auch er fürchtete Hitler. Gleich darauf erhielt der GFM von Kluge das Kommando über die Heeresgruppe Mitte. Schon seit 3 Feldzügen ärgerte er sich über widerspenstige Panzerführer, die ihm nicht ordnungsgemäß unterstanden oder doch nicht gehorchten. Jetzt teilte Kluge Hoepner mit, daß der Führer ihn, Hoepner, unter Rang-, Ordens- und Pensionsverlust entlassen habe. Er, Hoepner, solle sich totschießen. Hoepner tat es nicht. Der unglückliche General Stumme, dessen Untergebener einen Untergebenen besaß, der wichtige Generalstabspläne über russischem Gebiet verlor, wurde für seine Absetzung dadurch entschädigt, daß GFM von Bock ihn zu seiner Rechten einen Abend lang essen ließ; danach halfen ihm Freunde, daß er nach Afrika kam, wo er rasch fiel. Als der Chef des Generalstabs selbst, Generaloberst Halder, gehen mußte, rührte sich keine Hand für ihn, wenn auch alle höheren Offiziere untereinander über dieses Thema sprachen.   - (klu)

 

Kumpel

 

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