amelstute   » Ich war also zwanzig Jahre alt und nicht häßlich. Sie war blond und hübsch, mit Ringellocken, charmant wie der Mond, wenn er über dem Meer aufgeht. Eine richtige Wassermelone, gesund wie das Auge des Hahns, fest und biegsam wie die gekochte italienische Makkaroni, und sowohl vorne als auch hinten begünstigter als die Elefantin höchstpersönlich! Und eine Wange, die ich gegessen hätte, ohne hungrig zu sein, nur mit ein paar Gurken. Kurzum eine richtige Schönheitskamelstute mit Seerosenhänden und einem weißen Teint, die mich mit Kunst und Räucherpfanne vergiftete, wenn ich sie besuchte, und mich mit Sonaten umbrachte. Kurzum, sehr hübsch. (Salomon machte ein Ohr frei.) Und äußerst distinguiert. Was, wie ihr gleich sehen werdet, ihr Verhängnis war. Sie las mir gereimte Verse vor, schrieb selber welche, und auf geht's mit den Lilien und den Stockrosen und den Schwänen und den untergehenden und aufgehenden Sonnen! Sie schloß die Augen, wenn sie einem Konzert lauschte, und machte Operngebärden, wenn sie mich in ihrem Zimmer empfing, das voll war von nicht eßbarem und hemmungslos buntem, Blumen genanntem Gemüse. Und sie sagte nur erhabene Worte. Und sie sprach die ganze Zeit über von Malerei, der Ölmalerei, wißt ihr, der alten Italiener.«

»Raffael, der Fürst der italienischen Maler«, sagte Saltiel.

»Das ist teuer«, sagte Mattathias.

»Kann ich das andere Ohr auch noch freimachen?« fragte Salomon. »Wirst du keine häßlichen Dinge sagen?«

»Ich werde wahre Dinge sagen. Ich komme also, meine Täubchen, eines Abends unerwartet an, und sie sieht mich nicht. Ich verstecke mich hinter einem Wandschirm, um sie zu überraschen! Sie hatte mir den Rücken zugewandt, diese Madonna. Und da auf einmal, o meine Freunde, läßt sie doch eine Reihe von Winden los, wie die Trompeten des Letzten Gerichts. Sie glaubte sich allein, versteht ihr. Sie war schon einmal, als wir zusammen waren und unterm Mond und im hohen Gras spazierengingen, bei einem geistreichen Scherz, den ich machte, in lautes Gelächter ausgebrochen. Und dieses Lachen löste durch irgendeine geheimnisvolle Sympathie oder Entspannung ein anderes, mehr innerliches Lachen aus. Da es aber leise, diskret, spitz und verschämt war, hatte ich Mitleid in meiner Seele und tat so, als hätte ich es nicht gehört. In Wirklichkeit aber bemerke ich alles, denn ich bin ein guter Beobachter. Ich bemerkte sogar, daß sie aus einem bestimmten Grunde schneller ging! Und ich spürte, daß die Ärmste beunruhigt war und sich fragte, ob ich nichts mitgekriegt hätte. Und ich drückte sie an mein Herz, um sie in dem Glauben zu wiegen, daß ich nichts gemerkt hätte. Außerdem hatte es auch nur einen einzigen gegeben. Aber welche Vielfalt von Winden ließ die Dichterin an jenem Abend, von dem ich euch erzählte und an dem sie sich allein glaubte! Oh, meine Heißgeliebten, es gab runde, und es gab spitze, es gab kleine, die hintereinander herliefen, ganz schnell, und es gab majestätische, so - und er machte die gemessene Gebärde eines Dirigenten - langsam, o meine Freunde, traurig, und die viel Aroma hatten.«  - (eisen)

 

Kamel Stute

 

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