Jugendfreund  Da ist ein Jugendfreund, einst mein Bettnachbar im Blinden-institut, ein Epileptiker, dem ich oft bei nächtlichen Anfällen die verkrampften Hände löste und den Mund trocknete. Er ist jung, nach Angabe seiner Familie während eines solchen nächtlichen Anfalls durch einen unglücklichen Sturz gestorben. Andere dagegen behaupten hartnäckig, er habe sich erschossen. Erscheint er mir, ist es, als ob ich unversehens einen guten alten Bekannten in fremder Gegend träfe. Er führt mich immer durch lustige Lokale, wo es viele Mädchen, aber keinen freien Tisch für uns gibt und sich niemand um uns kümmert. Oft beginnt der Traum schon mit diesem Suchen, als ob wir die ganze Zeit seit dem vorigen Traum schon vergeblich gesucht hätten. — Manchmal schließt sich plötzlich hinter uns eine Tür, wir stehen in einem stillen Raum, er hat sein kindliches Lachen und zeigt im Hintergrund auf eine alte Frau, die uns vorwurfsvoll ansieht. Er geht auf sie zu, ich will ihn zurückhalten — da öffnet sich hinter ihr wieder ein lärmendes Café mit vielen besetzten Tischen, und er lacht und geht mir wieder voraus, aber so, daß ich ihn sehr gut hören kann; er plauscht ohne Ende. Er hat die Gewohnheit, nach wenigen Worten wegen allzu reicher Speichelbildung, den Atem immer zischend zwischen den Zähnen einzuziehen. Einmal fragte ich ihn, ob es wahr sei; ich wußte selbst nicht recht, was ich damit meinte (vielleicht seine Todesursache). Er wurde ärgerlich, oder richtiger: verlegen, wurde undeutlich und zerging.    - Oskar Baum, nach (je)

Jugend Freund


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