ugend, ewige    Er lachte nie, damit sein Gesicht keine Falten bekam. Er legte einen Lack auf, der ihm die Haut glattbügelte und so glänzend machte, als wäre sie aus Wachs. Der Lack trocknete und bildete eine Art porzellanene Oberfläche, die sehr schön anzusehen, aber sehr zerbrechlich war. Er konnte daher überhaupt keine Miene verziehen, weder lachen, noch staunen, noch kauen, denn der Lack wurde mit einem Schlag rissig, und aus dem scheinbaren Jüngling wurde augenblicklich ein zersplittertes Glas. Gegen zehn Uhr früh legte er den Lack auf und, sobald er trocken war, ungefähr um elf, ging er aus dem Haus; man sah ihn mit einem wunderschönen, reglosen Gesicht durch die Straßen der Innenstadt gehen. Er bewegte nur seinen Kopf nach rechts und nach links und verdrehte die Augen, um sich die Auslagen anzusehen. Da ihn sehr viele Leute anschauten, insbesondere die jungen Verkäuferinnen, die sich aus den Geschäften herausbeugten und auch ihre Kolleginnen herbeiriefen, war er überzeugt, er sei wegen seiner glatten, taufrischen, bei schönem Wetter strahlenden Haut eine Sensation. Dieser Morgengang hatte keinen anderen Zweck, als bei der Bevölkerung Staunen und Verwunderung zu hinterlassen. Um halb eins wurde der Lack rissig; aber da war er schon in der Nähe seiner Behausung und beeilte sich hineinzukommen, denn, was ihn betraf, war sein Auftritt nun zu Ende.

Zu Hause entfernte er den Lack; es waren schuppenähnliche Stückchen, die in der Farbe an karamellierten Zucker erinnerten. Er entfernte sie mit einem Fischmesser. Darunter war sein glanzloses trauriges Gesicht; wie mit Asche überstäubt sah es nicht aus wie das Gesicht eines Edlen, sondern wie das eines alten, von allen verlassenen Mannes. Er wohnte nämlich in einem ungesunden Keller, den außer ihm nie jemand betrat. Der Verputz löste sich von den Wänden und fiel auf die Erde. Er schob ihn mit dem Fuß in die Ecken. Er verachtete den Besen und kehrte daher nie. Einen künstlicheren Menschen als ihn gab es nicht; er hatte auch eine Holzhand, die in einem Handschuh steckte. In dem Keller stand ein eisernes Feldbett und ein Toilettentischchen. Statt des Klos war in einer Ecke ein Schlund, der direkt in die Kloake mündete. Wahrscheinlich zeigten sich hin und wieder auch Mäuse. Aber dieser Umstand ist zweitrangig. Zu Hause trug er einen Wintermantel als Morgenrock, denn in seiner Behausung herrschte, da sie ein wenig unter der Erde lag, stets eine winterliche Temperatur. Dort blieb er den ganzen Tag verkrochen, und man kann nicht sagen, daß er den Tag mit Denken hinbrachte, dazu hatte er nämlich keinerlei Veranlagung, und es hatte ihn auch nie interessiert. In seiner Jugend soll er sehr schön gewesen sein — heißt es — und eitel. Er wurde aber nur bewundert, solange er den Mund nicht aufmachte, dann wurde nämlich als das Symbol seines äußerst dürftigen Geisteszustandes eine törichte und läppische Stimme vernehmbar. - (cav)

 

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