udith Die Sonne schien auf den Fußboden herein und wärmte mir die nackten Füße. Ich las in der Quäkerbibel, die auf dem Nachttisch lag. Ohne daß ich die Stelle mit Judith und Holofernes suchte, fiel mir doch sofort die Geschichte ein, in der sie ihm im Schlaf den Kopf abhackte. »Mir ist sie immer nur auf die Füße getreten«, sagte ich, »oder sie ist darüber gestolpert. Überhaupt ist sie immerfort über etwas gestolpert.
Sie ging leichtfüßig, anmutig, und stolperte doch in einem fort. Sie hüpfte,
tänzelte dahin, und dann stolperte sie schon. Dann hüpfte sie weiter und stieß
gegen jemanden, der ihr entgegenkam, und ein wenig später rutschte sie aus und
stach sich mit dem Strickzeug, das sie immer bei sich führte, wenn sie auch
kaum etwas fertigstrickte und jedesmal alles wieder auftrennen mußte.« - Peter Handke, Der kurze Brief zum langen Abschied. Frankfurt am
Main 1972
Judith (2), in der rechten Hand das
Schwert, so nackt wie sie selbst, die Spitze sticht
in den Boden dicht neben den zierlichen Zehen, die sehr breite und feste Klinge
hat soeben den Kopf des Holofernes heruntergehauen, der grauenhafte Überrest
hängt in der linken Hand der Heldin, Finger und Haare zu einer furchtbaren Einheit
verschlungen, — Judith, geschmückt mit einer Halskette, so schwer wie eine Sträflingskette
und so kalt um ihren wollüstigen Hals wie die Kälte des Schwertes an ihrem Fuß,
— Judith, so friedfertig, als dächte sie schon gar nicht mehr an die bärtige
Kugel, die sie in der Hand hält wie eine phallische Knospe (abgeschnitten in
dem Moment, als die Schleusen des Holofernes sich öffneten, nur dadurch, daß
sie ihre unteren Lippen schloß, oder etwa, in vollem werwölfischem Taumel, von
dem großen Glied des betrunkenen — vielleicht speienden - Mannes durch ein plötzliches
Zubeißen ihrer Zähne getrennt). - (
leiris3
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Judith (3)
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