agd
Das Wort der Desana für die Jagd lautet vai-mera gametarári, »mit
den Tieren kopulieren«. Der Jäger erregt die Tiere sexuell, damit sie näherkommen,
und das Töten selber wird als sexuelle Dominanz des Mannes über das Wild gesehen.
»Die Jagdtiere sind wie Kokotten«, sagen die Desana, und »Töten ist kopulieren«.
Vor der Jagd lebt der Jäger enthaltsam, und zwar nicht nur, um sich sexuell
›aufzuladen‹, sondern weil ansonsten die Tierweibchen, die häufig von
sich aus versuchen, den Jäger zu verführen, auf die Menschenfrauen eifersüchtig
würden. Frobenius berichtet, daß die Frauen der Mahalbi vor den auf die Jagd
gehenden Männern erotisch mit dem Hintern wackelten, um die Jäger sexuell zu
erregen, und auch bei den Buschleuten, etwa den !Kung, sind Beischlaf und das
Töten bei der Jagd eng miteinander verbunden: Bei gewissen Schauspielen jagen
die Männer, die Löwen darstellen, die Mädchen, die Springböcke repräsentieren,
und versuchen, sie zu »packen«, was doppeldeutig zu verstehen ist. - Hans
Peter Duerr, Sedna oder die Liebe zum Leben. Frankfurt am Main 1984
Jagd (2) Herr von Grignan hat eine entsetzlich
ermüdende Reise in die Berge der Dauphiné hinter sich. Er mußte Hugenotten aufstöbern
und bestrafen. Sie kommen aus ihren Löchern hervor, um
gemeinsam zu Gott zu beten, und verflüchtigen sich wie Geister, sobald sie merken,
daß man ihnen auf der Spur ist und sie ausrotten will. Diese Art von fliegenden,
unsichtbaren Feinden verursacht endlose Mühe, ja, wörtlich, sie nimmt kein Ende.
Diese Leute verschwinden
im Nu, und sobald man ihnen den Rücken kehrt, kommen sie wieder aus ihren Höhlen
hervor. - (
sev
)
Jagd (3) «Legt los und laßt eure Stimme erschallen, Kerls. Brüllt und pullt, meine Blitzjungs! Laßt mich auf den Fisch auflaufen, Jungs, laßt mich auf seinen runden Rücken auflaufen! Tut mir den Gefallen, Jungs, und ich vermache euch mein Anwesen auf Martha's Vineyard, samt Weib und Kind. Ran, ran! Himmelherrgott, ich verliere noch den Verstand! Seht doch das gischtige Wasser dort!» Mit diesen Worten riß er sich die Mütze vom Kopf, stampfte darauf herum und hob sie dann auf, um sie weit aufs Meer hinauszupfeffern; schließlich begann er im Heck des Bootes wie ein frischeingefangenes wildes Füllen zu bocken und auszuschlagen.
«Seh sich einer den Burschen dort an», bemerkte gleichmütig und gedehnt der mit seinem Boot nicht weit zurückliegende Stubb, immer noch aus lauter Gewohnheit die kalte kurze Pfeife im Mund. «Er hat den Veitstanz, unser Freund Flask. Und den Veitstanz soll er auch kriegen, das ist der richtige Ausdruck; macht, daß der Veitstanz in sie fährt! Munter, munter, Menschenskinder! Heute abend gibt's Sackkuchen; munter, lautet die Losung. Wacker an, Kinder, wacker an, ihr Wickelkinder! Reißt an den Riemen, daß es eine Art hat! Weiß der Teufel, warum ihr euch so sputet. Sachte, sachte, meine Leute, immer mit der Ruhe! Nur eins: pullt; pullt wacker drauflos, weiter nichts! Brecht euch das Rückgrat und beißt die Messer entzwei, sonst nichts! Nehmt's gemütlich, warum nehmt ihr's nicht gemütlich, daß euch Lunge und Leber reißt!»
Mit was für Worten hingegen Ahab für gut befand, sein tigergelbes Bootsvolk
anzustacheln, das sei hier schonungsvoll übergangen; an Land wirkt dergleichen
zu kraß. Nur der ruchlose Hai mag Worten sein Ohr leihen,
wie denen Ahabs, als dieser mit umwölkter Stirne, mörderischem Blick und schaumverklebten
Lippen seinem Widersacher nachsetzte.
-
(mob)
Jagd (4) Die unabsehbaren Dünungshügel
des allgewaltigen Meeres; das dumpf anschwellende Brausen, mit dem sie an den
Flanken der vier Boote vorbeirollten, wie ungeheure Kugeln auf einer Kegelbahn
ohne Ende; die gespannte Lage, wenn das auf dem messerscharfen Kamm einer steileren
See kippende Boot beinahe entzweizugehen drohte; das jähe Eintauchen in die
nassen Täler und Mulden; das Anspornen und Anstacheln, um den Rücken des gegenüberliegenden
Hügels zu gewinnen; die sausende Schlittenfahrt den jenseitigen Hang hinunter;
alles das, samt den Rufen der Bootsersten und der Harpuniere sowie den Schreckenslauten
der Riemensgäste, und dazu noch der wundersame Anblick der wie mit Elfenbein
bekleideten «Pequod», die mit ausgespannten Segeln auf ihre Schaluppen zuhielt,
gleichsam eine um ihre kreischende Brut besorgte Kaptaube; alles das war schauerlich
schön. Der blutjunge Soldat, der, aus den Armen seines Weibes geholt, der Feuertaufe
entgegenmarschiert; der Schatten eines Abgeschiedenen, der in der andern Welt
dem ersten, fremdartigen Schemen begegnet — keiner von beiden erlebt seltsamere
und ungerneinere Dinge, als sie dem beschieden sind, der zum erstenmal in den
Hexenkessel der Pottwaljagd gerät. - (mob)
Jagd (5)
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Töten des Wildes mit der blanken Waffe, dem Stock, der Hand |
Behandlung des erlegten Wildes |
Allgemein |
blanke Waffen |
schärfen, lösen, lüften, abschärfen, aufschärfen, Schützenanteil, Jägerrecht |
Schalenwild |
den Fang geben, abfangen, Kälberfang, Genickfang, abnicken |
abnicken, abfangen, hächsen, knebeln, lüften, aufbrechen, verknüpfen, abschlagen, aus der Decke schlagen, abschwarten, abschärfen, auslösen, zerwirken, zerlegen |
Hase, Kanin |
abschlagen, abnicken |
ausdrücken, hächsen, schränken, abbalgen, streifen, auswerfen, zerlegen |
Haarraubwild |
erschlagen |
abbalgen, |
Federwild |
abnicken (nur beim Auer- und Birkhahn), abfedern |
anschleifen, ausfahren, aushaken, ausnehmen, ausziehen |
- (
weid
)
Jagd (6) Die
Beobachtung des Menschen ist die höchste Form
der Jagd. - Ernst Jünger, Der Arbeiter.
Herrschaft und Gestalt. Stuttgart 1982 (Cotta's Bibliothek der Moderne
1, zuerst 1932)
Jagd (7)
Jagd (8) Ich liebe die Jagd leidenschaftlich;
und das schweißende Tier, der Schweiß auf dem Gefieder, das Blut auf den
Händen, ziehen mir das Herz bis zum Umsinken zusammen. - Guy
de Maupassant, nach (err)
Jagd (9)
Die verliebte jägerey. DJe lieb ist gleichsam eine jagt / 2. Die netze sind von heucheley 3. Der spürhund ist die ungedult
/ 4. Und also muß der windhund fort
5. Offt schiest man ehr und tugend todt / 6. Wiewohl manch armer jäger sagt 7. Oft setzt ein hauer seinen zahn 8. Doch geht / ihr freunde / geht ins feld / |
- Christian Weise, nach: Lyrik des Barock II. Hg. Marian Szyrocki.
Reinbek bei Hamburg 1971 (rk 539)
Jagd (10) In Stunden, während deren wir im Dickicht auf Anstand sitzen, macht uns zuweilen ein Anblick betroffen, gleichermaßen fremd wie vertraut, in dem sich die tiefe Kluft verrät, die zwischen den Trägern des Lebens besteht, und doch zugleich die Brücke, die darüber geschlagen ist.
Es ist, als falte sich aus dem Menschen in seiner Stille eine Idee heraus, die nun auf geheimnisvollen Lichtungen, gehörnt und gefiedert, spielend, flatternd und jagend, ihr Wesen zu treiben beginnt. Und jede Bewegung, die sich dort vollzieht und die wie eine verbotene Enthüllung den Atem erregt, ruft eine Empfindung des Nie-Gesehenen hervor, die sich dennoch streng auf der Linie des unbedingt Notwendigen hält, als ob auch sie einem Urbild entspräche, das sich unveränderlich im Herzen bewahrt.
Es ist das Leben selbst, das sich hier vorführt in geheimen Charakteren, in einsamen Tänzen und schweigender Musik - dies eine Mal und nimmermehr, und doch ein und für allemal. So hat auch der Schuß des Jägers, der dieses Spiel zerreißt, seinen Sinn, denn nur was wir dem Tode anvertrauen, erhält sich in seiner unvergänglichen Essenz.
In solchen Augenblicken geschieht es, daß
der Mensch sich tiefer besinnt und sich im Tiere sein Gleichnis setzt. Alle
diese Symbole des Geistes und der Kraft, die wir auf alten Wappenschildern schauen,
setzen einen magischen Blick voraus, einen Augenblick des Einverständnisses,
den das Leben mit sich wechselte. Dies ist die köstlichste Beute des Jägers,
die Beute am Wesen selbst, und so einfach sie scheint, so gleicht sie doch einer
Namengebung im Bereiche der Sprache, einem jener Worte für lange bekannte Dinge,
das einmal ins Schwarze trifft und dort für immer haften bleibt. Dies kann nur
geschehen, wenn nicht der Sprechende allein, sondern wenn in ihm auch das Ding
sich ausgesprochen hat. - (ej)
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