Intriganten   Agamemnon hatte Odysseus auf eine Plünderung nach Thrakien geschickt. Als er aber mit leeren Händen zurückkam, machte ihm Palamedes, der Sohn des Nauplios, wegen seiner Faulheit und Feigheit Vorwürfe. «Es war nicht meine Schuld», rief Odysseus, «daß wir kein Getreide finden konnten. Wenn Agamemnon dich an meiner Stelle ausgesandt hätte, hättest du ebensowenig Erfolg gehabt.» Derart herausgefordert, setzte Palamedes sofort Segel und erschien kurze Zeit darauf mit einer Schiffsladung Getreide.

Nach tagelangem quälendem Nachdenken heckte Odysseus endlich einen Plan aus, wie er sich an Palamedes rächen könnte; denn er fühlte sich in seiner Ehre verletzt. Er sandte eine Botschaft an Agamemnon: «Die Götter haben mich in einem Traum gewarnt: uns steht Verrat bevor! Das Lager muß für einen Tag und eine Nacht verlegt werden!» Als Agamemnon den sofortigen Befehl dazu gab, begrub Odysseus heimlich einen Sack voll Gold an der Stelle, wo das Zelt des Palamedes gestanden hatte. Dann zwang er einen phrygischen Gefangenen, einen Brief zu schreiben, der den Anschein erweckte, als wäre er von Priamos an Palamedes gerichtet, mit folgendem Inhalt: «Das Gold, das ich überbringen ließ, ist der Preis, den du für den Verrat des griechischen Lagers verlangtest.» Nachdem er dem Gefangenen befohlen hatte, Palamedes den Brief zu übergeben, tötete Odysseus ihn außerhalb des Lagers, noch bevor er ihn aushändigen konnte. Als am nächsten Tag das Heer zum alten Lagerplatz zurückkehrte, fand einer die Leiche des Gefangenen und brachte den Brief zu Agamemnon. Palamedes kam vor ein Kriegsgericht. Als er heftig leugnete, von Priamos oder sonst irgend jemand Gold erhalten zu haben, schlug Odysseus vor, sein Zelt zu durchsuchen. Bald wurde das Gold gefunden, und das ganze Heer steinigte Palamedes als Verräter zu Tode.

Manche sagen, daß Agamemnon, Odysseus und Diomedes alle in diese Verschwörung verwickelt waren, gemeinsam dem Phryger den falschen Brief diktierten und nachher einen Diener bestachen, ihn zusammen mit dem Gold unter dem Bett des Palamedes zu begraben. Als Palamedes zu dem Platz seiner Steinigung geführt wurde, rief er aus: «Wahrheit, ich trauere um dich, die du vor mir zugrunde gingst!»

Andere wieder behaupten, daß Odysseus und Diomedes, die vorgaben, in einem tiefen Brunnen einen Schatz gefunden zu haben, Palamedes an einem Seil in diesen hinunterließen und ihm dann große Steine auf den Kopf warfen oder daß sie ihn beim Fischen ertränkten. Eine weitere Version besagt, daß Paris ihn mit einem Pfeil tötete. Man ist sich nicht einmal darüber einig, ob er im troischen Kolonai, in Geraistos oder auf Tenedos starb. Aber er hat einen Heroenschrein in der Nähe des lesbischen Methymna.

Palamedes hatte die Dankbarkeit seiner Kameraden verdient, da er das Würfelspiel erfand, mit dem sie sich ihre Zeit vor Troja vertrieben. - (myth)

Intrigant  (2)   Er ist kalt, er reißt gewöhnlich nicht mit: er zeigt nicht, er deutet an, und seine Methode, blaß und farblos, kann nur bei Männern seines Schlages Erfolg haben, bei Intriganten, die Vernunftsgründen zugänglich sind, bei Politikern.

«Adhémar de Rollebon», schreibt Madame de Charrières, «sprach keineswegs bildhaft, machte keine Gesten, wechselte nie den Tonfall. Er hielt die Augen halb geschlossen, und nur mit Mühe konnte man zwischen seinen Wimpern den äußersten Rand seiner grauen Pupillen entdecken. Erst seit wenigen Jahren wage ich mir einzugestehen, daß er mich unvorstellbar langweilte. Er sprach etwa so, wie der Abbé Mably schrieb.»

Und das soll der Mann sein, der durch sein schauspielerisches Talent ... Ja aber, wie verführte er denn die Frauen? Und dann ist da diese merkwürdige Geschichte, die Ségur berichtet und die mir wahr erscheint:

«Im Jahre 1787 lag in einer Herberge in der Nähe von Moulins ein alter Mann im Sterben, ein Freund Diderots und Schüler der Philosophen. Die Priester der Umgebung waren mit ihrem Latein am Ende: sie hatten alles vergeblich versucht; der Mann lehnte die Sterbesakramente ab, er war Pantheist. Monsieur de Rollebon, der auf der Durchreise war und an nichts glaubte, wettete mit dem Pfarrer von Moulins, daß er keine zwei Stunden brauchen würde, um den Kranken zu christlichen Gefühlen zurückzuführen. Der Pfarrer ging auf die Wette ein und verlor: der Versuch begann um drei Uhr morgens, der Kranke beichtete um fünf Uhr und starb um sieben. ‹Sind Sie so stark in der Kunst des Disputierens ?› fragte der Pfarrer. ‹Sie stechen uns aus!› ‹Ich habe nicht disputiert›, antwortete Monsieur de Rollebon, <ich habe ihm angst vor der Hölle gemacht.›»   - Jean-Paul Sartre, Der Ekel. Reinbek bei Hamburg 2004 (zuerst 1938)

 

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