ntimbereich Manche
raten ab, wie sie behaupten, aus »Anstandsgefühl«, einer
gewissen halb herrschaftlichen, halb bigotten Scham: »Der Umgang mit den Toten
ist, wie wenn man sich in der Öffentlichkeit das Arschloch kratzt, oder die
Schamteile; weil die Toten zum Intimbereich, zum Innen-Befindlichen gehören;
und nicht umsonst verkriechen sie sich in die Innereien der Erde; und in diesen
Eingeweiden schlagen sie ihre Wohnung auf, wie
Fäkalien oder geheime Geschwüre; und nicht zufällig erblickt sie manch einer
im Traum, oder glaubt es zumindest, und das sind Dinge, die nach verschwitztem
Kopfkissen und nächtlichem Bauchkollern riechen. Es scheint jedenfalls, daß
dem Zustand des Toten eine gewisse Schmutzigkeit oder
zumindest Ungehörigkeit anhaftet; und daß in dieser ihrer Welt, dort oben oder
dort unten, kein Platz gegeben sei für hübsche und anmutige Gespräche, für wohlerzogenen
Umgang und auch nicht für anständige Bekleidungen; vielmehr ist alles Nacktheit
und Schreie und Flehen und Drängeln und Stoßen und unterwürfige Ergebenheit
und unverschämte Großtuerei.« - Giorgio Manganelli, Diskurs über
die Schwierigkeit, mit den Toten zu sprechen. In: G. M., An künftige Götter.
Sechs Geschichten. Berlin 1983 (zuerst 1972)
|
||
|
||