Fngenieurstudent  Aub  Hattest Du irgendeine Beziehung zur Hypnose?

Buñuel Oh ja, zwischen zwanzig und dreiundzwanzig. Einmal - ich weiß nicht mehr, in welchem Theater das war — gab es einen Hypnotiseur, der Leute aus dem Publikum aufforderte, auf die Bühne zu kommen und sich von ihm hypnotisieren zu lassen. Eine andere Person und ich stiegen hoch und tatsächlich sah ich einen an, streckte meinen Finger nach ihm aus und sagte: »Schlaf ein!« Und er schlief ein. Danach machte ich viele Experimente mit Hypnose und Gedankenübertragung. Ich studierte damals Ingenieurwesen und traf mich in Fornos mit einer Gruppe Medizinstudenten. Viele von ihnen leben noch. Auf meinen Reisen habe ich einige wiedergesehen und von anderen gehört. Die meisten sind Ärzte in meinem Alter, einer ist Apotheker. Wen ich am häufigsten gesehen habe, ist Doktor Martin Urquijo. Ich weiß, daß Sebastian Córdoba in San Sebastian ist. Ich erinnere mich an die Brüder Ontanón - ich glaube, sie waren aus Santander —, an Pepe Arenal, an Victor Urrutia, er war der Liebling der Mädchen, die durch die Castellana schlenderten, wenn er auf seinem Motorrad vorbeifuhr ... Ich war zwanzig. Wir gingen in die Bordelle in der hinteren Galle de la Reina.

Aub    Und in die Calle de Jardines.

Buñuel  Das waren mit die billigsten, zehn Peseten. Die guten waren in der Calle de las Huertas. Dort empfing dich die Hausherrin persönlich, schaute dich von oben bis unten an und forschte nach deinem Namen. »Und woher kommen Sie?« »Aus Zaragoza.« Sie ging ans Telefon. Zehn Minuten später kam ein Mädchen: »Mercedes (oder wer auch immer), ich stelle Dir Herrn Buñuel vor, einen guten Freund.« Gleich darauf: »Wartest Du bitte einen Augenblick draußen!« Aber wo es einfach herrlich war, mit Hypnose und allem, das war in der Calle de la Reina. Da ist mir einmal eine seltsame Sache passiert. Teresita war die hübscheste von allen. Ich hypnotisierte sie, schläferte sie mit einiger Mühe ein, aber das Seltsame war, daß ihre Schwester, die sehr häßlich war - sie hatte ein herunterhängendes Augenlid, sah einfach furchtbar aus — und nebenan in der Küche arbeitete, ein hervorragendes Medium war. Und als ich Teresita einschläfern wollte, bekam nicht sie, sondern Rafaela - so hieß ihre Schwester - die unmittelbaren Auswirkungen zu spüren. Offensichtlich war sie verliebt in mich. Sie war ein schweigsames, häßliches Mädchen. Später starb sie in einem Krankenhaus. Ich habe vergessen, wer es mir erzählt hat, Usandizaga oder Pepe Arenal. Calle de la Reina, zweiundzwanzig ... Eines Nachts in der Residenz schläferte ich den Kassierer ein. Es war ganz einfach. Ich befahl Ihm, die Kasse zu öffnen und mir das Geld zu geben. Dann wollte ich ihn wieder aufwecken, aber es ging nicht. Da bekam ich es mit der Angst zu tun. Ich brachte ihn hoch in mein Zimmer, ich glaube, Centeno half mir dabei. Dort saßen wir dann und sprachen leise, bis er eine halbe Stunde später anfing, sich zu bewegen. Ich befahl ihm aufzuwachen. Das tat er dann auch sofort: »Nanu, Herr Buñuel. Nanu! Was machen Sie denn hier?« Ich gab ihm das Geld zurück und er sah zu, daß er wegkam.  - Luis Buñuel, nach: Max Aub / Luis Buñuel, Die Erotik und andere Gespenster. Berlin 1986

 

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