ch,
tanzendes
Ein possierlicher Kerl, bis auf die geringste Kleinigkeit gekleidet
wie Giglio, ja was Größe, Stellung u.s. betrifft, sein zweites Ich, tanzte nämlich,
Chitarre spielend, mit einem sehr zierlich gekleideten Frauenzimmer, welche
Kastagnetten schlug. Versteinerte den Giglio der Anblick seines tanzenden Ichs,
so glühte ihm wieder die Brust auf, wenn er das Mädchen betrachtete. Er glaubte
nie so viel Anmut und Schönheit
gesehen zu haben; jede ihrer Bewegungen verriet die Begeisterung einer ganz
besonderen Lust, und eben diese Begeisterung war es, die selbst der wilden Ausgelassenheit
des Tanzes einen unnennbaren Reiz verlieh. Nicht zu leugnen war es, daß sich
eben durch den tollen Kontrast des tanzenden Paars eine Skurrilität erzeugte,
die jeden mitten in anbetender Bewunderung des holden Mädchens zum Lachen reizen
mußte; aber eben dies aus den widersprechendsten Elementen gemischte Gefühl
war es, in dem jene Begeisterung einer fremden unnennbaren Lust, von der die
Tänzerin und auch der possierliche Kerl ergriffen,
auflebte im eignen Innern. Dem Giglio wollte eine Ahnung aufsteigen, wer die
Tänzerin sein könne als eine Maske neben ihm sprach;
»Das ist die Prinzessin Brambilla, welche mit ihrem Geliebten, dem assyrischen
Prinzen Cornelio Chiapperi, tanzt!« - ---- Kurz! - es geschah dem Giglio Fava,
als er jene Worte vernahm, nichts weiter, als daß er sich augenblicklich selbst
für den assyrischen Cornelio Chiapperi hielt, der mit der Prinzessin Brambilla
tanze. Jeder tüchtige Philosoph von einiger faustgerechter Erfahrung wird dies
so leicht ganz und gar erklären können, daß Quintaner das Experiment des innern
Geistes verstehen müssen. Besagter Psycholog wird nämlich nichts Besseres tun,
als aus Mauchardts »Repertorium der empirischen Psychologie« den württembergischen
Beamten anführen können, der in der Trunkenheit
die Treppe hinabstürzte und dann seinen Schreiber,
der ihn geleitete, sehr bedauerte, daß er so hart gefallen. »Nach allem«, fährt
der Psycholog dann fort, »was wir bis jetzt von dem Giglio Fava vernommen, leidet
derselbe an einem Zustande, der dem des Rausches völlig zu vergleichen, gewissermaßen
an einer geistigen Trunkenheit, erzeugt durch die nervenreizende Kraft gewisser
exzentrischer Vorstellungen von seinem Ich, und da nun vorzüglich Schauspieler
sehr geneigt sind, sich auf diese Art zu berauschen, so u.s.w.« -
E. T. A. Hoffmann, Prinzessin Brambilla (zuerst 1820)
|
||
|
||