Hydra   Die Hydra ist wohl die großartigste Form der Natur in Funktion. Sie besteht aus einem pneumatischen Magensack, an dessen Mundrand sich Knospen oder Brut ansetzen, und diese Brutknospen können entweder unabhängig werden und damit neue vollständige Individuen, oder sie bleiben abhängig sitzen und entwickeln spezialisierte Fähigkeiten.  - Ernst Fuhrmann, Grundprobleme der Biologie. Nach (fuhr)

Hydra (2)  Die Hydra nimmt Nahrung durch einen Mund auf, und zwar aus dem Milieu, in dem sie lebt. Nachdem sie einen Teil der suspendierten Materie aus dem Mageninhalt aufgenommen hat, wirft sie die Reste als Abfall heraus und beginnt den Prozeß mit einer neuen Füllung. Aus der Hydra entwickelte sich jede nur denkbare Form organischer Wesen, die sich im Raum bewegen. Mir scheint es wesentlich zu sein, daß die Hydra ein Lebenstypus ist für alles, was wächst, im Raum nach außen wächst und sich im Raum in Beziehung zur Außenwelt bewegt.  - Ernst Fuhrmann, Grundprobleme der Biologie. Nach (fuhr)

Hydra (3)  Die Hydra hatte einen ungeheuren, hundeähnlichen Körper und acht oder neun Schlangenköpfe, von denen einer unsterblich war. Manche sprechen ihr fünfzig, hundert oder sogar zehntausend Köpfe zu. Auf jeden Fall war sie so giftig, daß ihr Atem oder selbst der Geruch ihrer Spuren Leben zerstören konnte.

Athene hatte sich überlegt, wie Herakles wohl am besten dieses Ungeheuer töten könnte; und als er in Lerna angekommen war, dorthin von Iolaos in seinem Wagen gefahren, zeigte sie ihm die Höhle der Hydra. Er zwang die Hydra hervorzukommen, indem er sie auf Athenes Rat mit Brandpfeilen beschoß, dann seinen Atem anhielt und sie einfing. Aber das Ungeheuer wand sich um seine Füße, um ihn zu Fall zu bringen. Vergeblich schlug er mit seiner Keule auf ihre Häupter ein; kaum war eines zerschmettert, so wuchsen zwei oder mehr an dessen Stelle hervor.

Eine ungeheuerlich große Krabbe schoß aus den Sümpfen hervor, um der Hydra zu helfen, und biß nach den Beinen des Herakles. Voller Zorn schlug er ihre Panzerschale ein und rief nach lolaos um Hilfe. Da setzte lolaos sofort eine Ecke des Hains in Brand, und um die Hydra zu hindern, neue Köpfe hervorzutreiben, versengte er die Wurzeln der abgeschlagenen Häupter mit brennenden Ästen. So gebot er dem Fließen des Blutes Einhalt.

Jetzt benutzte Herakles ein Schwert oder einen goldenen Dolch, um das unsterbliche Haupt abzuschlagen, von dem ein Teil aus purem Gold war. Als er es unter einem Felsen am Rand der Straße nach Elaios begrub, zischte es noch immer.  - (myth)

Hydra (3)  Nun er alt wird, merkt er, daß es nicht leicht ist, sie zu töten. Eine Hydra zu sein ist einfach, aber sie zu töten nicht, und wenngleich man die Hydra nur dadurch töten kann, daß man ihr die zahlreichen Köpfe abhaut (den Autoren oder Bestiarien zufolge zwischen sieben und neun), muß man ihr doch wenigstens einen lassen, da die Hydra ja Lukas selbst ist, und was er gern möchte, ist, sich von der Hydra befreien, aber Lukas bleiben, nach dem Vielköpfigen ein Einköpfiger werden. Aber mach mal, stöhnt Lukas, Herakles beneidend, der mit der Hydra nie solche Probleme hatte, der sie mit einem sauberen, beidhändig vollführten Schwerthieb in einen prächtigen Springquell verwandelte, aus dem sieben oder neun Blutfontänen hervorschossen. Es ist eine Sache, die Hydra zu töten, und eine andere, diese Hydra zu sein, die einmal nur Lukas war und jetzt wieder nur Lukas sein möchte. Du schlägst ihr zum Beispiel den Kopf ab, der Schallplatten sammelt, und den anderen, der die Pfeife immer links auf den Schreibtisch legt und den Becher mit den Filzstiften rechts hinstellt, etwas nach hinten. Und nun sieh, was dabei herauskommt.

Hm, etwas hat man erreicht, zwei Köpfe weniger bringen die restlichen etwas in Schwierigkeiten, so daß sie angesichts der traurigen Tatsache denken und denken. -  Julio Cortázar, Ende der Etappe. Die Erzählungen Bd. 4. Frankfurt am Main 1998

Hydra (4)  

Ausschnitt aus "Herakles und die lernäische Schlange"

- Lukas Cranach d. Ä.

 

Schlange Fabeltier Vielköpfigkeit

 

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