undewurst Sein tägliches Morgengebet verrichtete der Herr Notar in der Familienkapelle, einem Zimmer mit zwei bemalten Fenstern. Das eine Glasbild zeigte, wie der heilige Dionysius nach seiner Enthauptung den abgeschlagenen Kopf um den Richtplatz trägt; auf dem andern war dargestellt, wie der verirrte Bote die Hand, die man der hingerichteten heiligen Agatha abgehackt hatte, zum Ausgangsort seiner Reise zurückbringt, zu der handlosen Leiche. Der Herr Notar kniete und betete und machte sich zum Vorwurf, nicht genügend gegurgelt zu haben. Schließlich, nach langer Andacht, schlug er das Kreuz, stand auf und öffnete das Fenster. Als sich seine Augen an das helle Frühlicht gewöhnt hatten, ließ er den Blick über die blauen Dächer und über den nahen Fluß gehen. Tief sog er die feuchte Luft ein.

»Oomii, Oommii«, plärrte eine Kinderstimme, »Oo-mii, der Zdenecek ißt Hundewürstchen!« Der Herr Notar beugte sich hinaus, schaute hinunter in den Hof der alten Brauerei, die stillgelegt war und jetzt als Mietskaserne diente. Neben der Wasserpumpe im Hof stand ein kleines Mädchen mit roter Schürze und Strohhut vor einem mampfenden dreijährigen Jungen. Aus der Waschküche trat ein dürres Weib, warf die Hände empor und schimpfte: »Ihr dreifach vermaledeiten Bälger, wie soll ich bloß mit der Wäsche fertig werden?« Sie schnappte den Enkel und beutelte ihn über dem Abflußrost. »Du Ferkel, wart nur, bis die Mutter heimkommt, die wird dir den Arsch versohlen!« Sicherheitshalber verpaßte sie dem Jungen gleich selber eine Ohrfeige, daß die Hundewürstchen flogen. Dann wandte sie sich zu dem Mädchen: »Und du, was glotzt du mich so an? Da, nimm« — sie zog eine Trillerpfeife aus der Tasche ihrer nassen Schürze - »und jetzt ab in die Küche zum Spielen. Wenn was ist, Lidia, dann pfeifst du. Ojemineh, wie soll ich bloß mit der Wäsche fertig werden?« - Bohumil Hrabal, Die Bafler. Frankfurt am Main 1966 (es 180, zuerst 1964)

Hund
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