Hundefütterung  Ich ließ die Hintertür offen, damit Pansy von selber wieder reinkam, wenn sie auf dem Dach fertig war. Sie walzte rüber zu mir und knurrte erwartungsvoll. Sie suchte bloß Zuwendung, doch es klang wie eine Todesdrohung. Neapolitaner waren nie als Schoßtiere gedacht. Ich checkte den winzigen Kühlschrank: Ich hatte noch einen dicken Brocken Oberschale und ein paar Scheiben Schweizerkäse. Es gibt nur eine Herdplatte - außer Suppe kann ich nichts kochen. Ich schnitt ein paar Streifen von dem Steak, wickelte jeden in eine Käsescheibe und schnippte Pansy mit den Fingern herbei. Sie setzte sich neben mich wie ein steinerner Löwe - ihre kalten grauen Augen zwinkerten keinmal, doch der Sabber floß in Strömen aus ihren hängenden Lefzen. Sie würde das Futter nicht nehmen, bevor sie nicht das Zauberwort von mir hörte - ich wollte nicht, daß irgendein Freak ihr giftgespicktes Fleisch hinwarf. Ich schmiß eines der käseumwickelten Steakstücke vor ihr in die Luft. Es machte einen sanften Bogen, bevor es gegen ihre massige Schnauze knallte, aber sie zuckte nicht einmal mit den Augen. Zufrieden damit, daß sie nicht rückfällig wurde, schmiß ich ihr ein weiteres Stück hin und sagte gleichzeitig: »Sprich!« Das Futter verschwand wie der Traum eines Junkies, wenn er aus seiner Dröhnung rauskommt. Ihre Kiefer bewegten sich nicht, aber ich konnte den Klumpen ihren Hals runterrutschen sehen, als sie schluckte. »Kannst du dein verdammtes Futter nie kaun?« fragte ich sie, doch ich wußte es besser. Die einzige Art, sie zum Kauen zu bringen, war, ihr etwas zu geben, das zu groß war, um in einem Stück geschluckt zu werden.  - Andrew Vachss, Strega. Frankfurt am Main und Berlin 1994

Hundefütterung (2)  In ihrem einen Mundwinkel bildete sich ein Eiszapfen aus Rotz, doch sie rührte sich nicht. Sie würde das Essen nicht annehmen, bis sie das Zauberwort horte. Man nennt das giftfest machen.

»Sprich!« brüllte ich und schmiß den Schweinebrocken in sanftem Bogen auf ihre Schnauze zu. Er hielt nicht länger vor wie das Versprechen eines Politikers. Ich probierte es mit einer großen, fetten Frühlingsrolle. Ein Mampfen, und Pansy schluckte voller Ekstase, während überall auf dem Boden Frühlingsrollenteile rumlagen. »Du bist 'ne Schlampe«, sagte ich ihr. Sie nickte glücklich.  - Andrew Vachss, Bluebelle. Berlin und Frankfurt am Main 1991

Hundefütterung (3)  In Schlangenbad war Achim und mir ein Schäferhund nachgelaufen. Wir hatten Mitleid, gingen in die Metzgerei gegenüber von der Bushaltestelle und kauften ein Stück Fleischwurst für ihn. Nachdem wir ihn gefüttert hatten, gingen wir ein Stück die Straße hinauf, um ihn abzuhängen. Aber der Schäferhund ging nicht weg, sondern kam immer weiter hinter uns her. Also gingen wir zurück und kauften noch ein Stück Fleischwurst. Jetzt schon mehr aus Angst, weil wir befürchteten, dass er uns sonst in eine Gasse treibt, um uns dort zu beißen. Der Metzger hatte uns wohl draußen mit dem Hund gesehen und sagte: »Der frisst immer weiter. Ein Hund hört nie auf zu fressen, solange man ihm was gibt.« Jetzt hatten wir Angst und Mitleid gleichzeitig. Angst und Mitleid gleichzeitig ist das Fieseste, weil man nichts machen kann. Man kann sich einfach nicht wehren. Es ist wie bei meiner Mutter oder beim Buse, den wir in Deutsch haben. Die anderen kann man einteilen: Reichenauer, Lattewitz, Purper, Kraushaar: Angst. Bernhard, Schmery, Haus, Schöwe: Mitleid. Aber Buse, das ist Angst und Mitleid, so wie Gott Angst und Mitleid ist, Gott Vater: Angst, Gott Sohn: Mitleid, Heiliger Geist: Irgendwas, mit dem ich nichts anfangen kann, weil ich nicht weiß, was Geist ist, und mir so etwas wie die Abkürzungen auf dem Periodensystem vorstelle, die ich auch nicht behalten kann, außer dass rechts die Reihe mit den Edelgasen untereinander kommt. Heiliger Geist und Edelgase, aber das hat nichts mit Angst und Mitleid zu tun. Angst bei den Hauptfächern, Mitleid bei den Nebenfächern, Angst, weil Gott alles sieht, Mitleid, weil er am Kreuz sterben musste und die Jünger einschlafen und ihn allein lassen und selbst der Vater ihn allein lässt am Kreuz, obwohl doch Alle in-gelassen-Werden toll ist, weil man dann endlich machen kann, was man will, nur das einem dann der leidtut, der einen allein lässt, weshalb wir schließlich in einen Laden sind, um uns da rumzudrücken, bis der Schäferhund endlich wegging oder jemand anderem hinterherlief.  - (raf)
 
 

Hundeleben Fütterung

 

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