undebrief Als
ich bis in die sechste Etage hinaufgeklettert war und die Klingel zog, kam ein
sommersprossiges Dienstmädchen heraus, das gar nicht einmal so übel aussah.
Ich erkannte sie: das war dieselbe, die damals mit der alten Frau ging. Sie
wurde ein wenig rot, und ich kapierte sofort - einen Bräutigam willst du, mein
Täubchen! »Was wünschen Sie?« fragte sie. »Ich muß mit Ihrem Hündchen sprechen.«
Dumm war dieses Mädchen! Ich sah sofort, daß sie dumm war! Inzwischen kam das
Hündchen mit Gebell herangesprungen; ich wollte es packen, aber das Scheusal
hätte mich fast in die Nase gebissen. Zum Glück bemerkte ich in der Ecke sein
Schlafkörbchen. Hehe, gerade das hatte ich ja nötig! Ich trat heran, durchwühlte
das Stroh im Körbchen und zog von dort, zu meiner unsagbaren Befriedigung, ein
kleines Bündel von Papierblättchen hervor. Als das garstige Hündchen dieses
sah, biß es mich zuerst in die Wade, dann jedoch, als es herausgeschnüffelt
hatte, daß ich die Papiere bereits zu mir genommen, begann es allerdings zu
winseln und schönzutun - allein ich sagte: »Nein, mein Kätzchen, adieu!« und
stürzte davon. Ich glaube, das Mädchen muß mich für einen Verrückten gehalten
haben. -
Nikolai Gogol, Tagebuch eines Wahnsinnigen. In: N. G., Ausgewählte Erzählungen.
Zürich 1979 (detebe 20624)
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