Hund, verbissener   Big-Jimmy lauerte dem Mädchen auf, das zweimal in der Woche die Milch brachte, kurze, braune, burschikose Haare, blauäugig, unbefangen und frisch, ahnungslos, daß durch die Ritzen der geschlossenen Fensterläden Schwerverbrecher nach ihm spähten, geil, zu einem unnatürlichen Zölibat verdonnert.

So war es nicht zu vermeiden. Big-Jimmy wollte den andern nur zuvorkommen, und Marihuana-Joe versuchte Big-Jimmy bloß daran zu hindern, hatte er doch, wenn alles vom Mädchen schwatzte, gedroht, er breche jedem das Genick, der es zu belästigen wage. Aber beide hatten nicht mit dem Hund gerechnet. Dieser riß, im Bestreben Elsi zu verteidigen, Wagen und Kessel um und verbiß sich in den Hintern Marihuana-Joes, der das Mädchen retten wollte, während Big-Jimmy sich mit dem Mädchen in der Milchlache wälzte und im Wald über dem Kurhaus jemand betrunken mit lauter Stimme rezitierte: »Ihr holden Schwäne, und trunken von Küssen tunkt ihr das Haupt ins heilignüchterne Wasser.« Das Geschrei und Gestöhn war gewaltig, wobei nicht auszumachen war, wer am meisten schrie und stöhnte, Marihuana-Joe, Big-Jimmy oder das Mädchen. Endlich verschwand Big-Jimmy im Kurhaus, und das Mädchen flüchtete gegen die Schlucht hinunter. Der Hund ließ nicht los, er hatte sich derart in den Hintern Marihuana-Joes gewühlt, daß auch der Nachtwächter Wanzenried machtlos blieb. Erst Red-Flowers befreite Marihuana-Joe vom wütenden Tier, indem er seine Magnum von Smith & Wesson abfeuerte, wenn auch ohne den Hund zu treffen: Der Hund schnappte sich die Smith & Wesson und raste mit dem umgestürzten Wagen die Schlucht hinunter.    - Friedrich Dürrenmatt, Durcheinandertal. Zürich 1998

 

Hund Verbissenheit

 

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