ofdame   Mir wurde erzählt, eine vornehme Hofdame, die schon mehrere Kinder hatte, mit dem Premierminister vermählt, dem reichsten Beamten, einem schönen Mann, in sie verliebt und auf dem schönsten Punkte der Insel wohnend, sei unter dem Vorwande, ihre Gesundheit zu verbessern, nach Lagado gereist und habe sich dort mehrere Monate lang verborgen, bis der König einen Befehl, sie zu suchen, absandte. Hier fand man sie in einer niedrigen Kneipe, und zwar ganz zerlumpt, da sie ihre Kleider verpfändet hatte, um einen alten, häßlichen Bedienten zu ernähren, der sie täglich prügelte und aus dessen Gesellschaft sie nur widerstrebend fortgeführt wurde. Obgleich ihr Gemahl sie mit aller nur möglichen Güte und ohne den geringsten Vorwurf empfing, gelang es ihr dennoch wieder, sich hinabzustehlen. Sie begab sich mit allen ihren Juwelen zu demselben Galan, und man hat seitdem nichts mehr von ihr gehört. - (gul)

Hofdame (2)  Die Hordamen, worunter ich die galanten Damen verstehe, benehmen sich frei und ungezwungen, ihr gewinnender Ton erweckt Freundschaft. Sie verführen denjenigen, der sie zum ersten Mal sieht, auf Anhieb; er glaubt, überirdischen Wesen zu begegnen, so sehr stechen sie von den Bürgerinnen ab, diesen Lügenmaschinen, diesen engen Seelen, in deren Herzen ausschließlich die materielle Liebe herrscht, so daß andere Leidenschaften keinen Platz mehr darin finden; die keiner Freundschaft, keiner Begeisterung für die Kunst oder anderer edler Gefühle fähig sind. Ohne Zweifel haben auch die Hofdamen ihre schwachen Seiten, aber sie verleihen der In-trige Buntheit, Natürlichkeit und Großmut. Kann man sie darob tadeln, daß sie es verstehen, das Laster zu verschö-nen, das ohnedies in der Zivilisation herrscht?  - Charles Fourier, Aus der neuen Liebeswelt. Berlin 1977 (zuerst 1808 ff.)
 
 

Dame Hofstaat

 

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