H  öllenbesen  »Zum Unglück schritt ich gar in die Ehe mit einer mit eingeschmolzenen Siegeln1 ausgestatteten Wienerin, namens Praenumerantia Elementaria Philanthropia2 ~ — ihr wisset nicht, was es zu deutsch heißt -, einem wahren Höllenbesen, der mich wie einen Parforcehirschen hier ins Schilfrohr hereingehetzt. Kerstene, ich blamiere mich im Wasser, wenn ich mit unserm Wehestande ganz herausgehe; kurz meine Philanthropia war vor der Ehe wie die Stacheln eines neugebornen Igels weich, aber in der Ehe, als das Laub herunter war, sah ich wie auf Bäumen im Winter ein Raben-und Teufels-Nest nach dem ändern. Sie zog sich stets so lange an, bis sie sich wieder ausziehen mußte - wenn ein Fehler an mir oder den Kindern gehoben war, zankte sie noch ein wenig fort, wie man sich noch fort erbricht, wenn das emeticum und alles schon heraus ist — sie gönnte mir wenig, und hätt' ich ein Fontanell gehabt, sie hätte mir die frische Erbse vorgerückt, die ich jeden Tag hätte hineinlegen müssen - kurz wir wollten beide verschieden hinaus, der Rungnagel der Liebe war ausgezogen, und ich fuhr mit den Vorderrädern ins Wasser herein, und meine Praenumerantia hält mit den Hinterrädern zu Hause. - Seht, meine Weiber, darum tu' ich mir mein Leid an - der Atzmann3 hätte mich ohnehin bei der Kehle gegriffen —; spiegelt euch aber! Denn wenn ein Mann, der ein Gelehrter ist und darum, weil ihr von Pichten noch wisset, als angestellter Aufseher, Lehrherr und Mentor des Menschengeschlechts herumgeht, vor seiner Frau ins Wasser springt und seine Ephorie und Hofmeisterstelle fahren lasset: so könnt ihr schließen, wozu eure Männer, die sich mit mir gar nicht messen dürfen in der Gelehrsamkeit, kapabel sind, falls ihr solche Pränumerantien, Elementarien und Philanthropien seid, wie ihr leider das Ansehen habt. — Aber« (beschloß er plötzlich, da er Albano und den Doktor sah) »schert euch fort, ich will ersaufen!« —

»Ach lieber Schoppe!« sagte Albano - Schoppe errötete über die Lage — »Es will ein Hanswurst sein«, sagte das weichende Leichen-Kondukt — »Was ist denn das für eine Kinderei?« fragte Sphex, nachzürnend über Albanos vorige Heftigkeit und über den anatomischen Fehlschuß, und nahm sich Genugtuung durch die Erzählung von dessen Toben. Schoppe erkannte, wie herzlich ihn der edle Jüngling liebe, und er wollte nichts sagen, weil er sich schämte, aber er schwur sich, ihn nächstens (nach seinem auch im stummen Denken bizarren Ausdrucke) in seine Brusthöhle einzulassen und ihm darin ein ganzes wildes Herz voll Liebe hängend zu weisen.

1  In Wien machte ein Institut aus altem Lack neuen und steuerte mit dem Ertrage Arme aus.
2  So geschmacklos wollte Basedow eine Tochter zum Andenken des auf Pränumeration erscheinenden Elementarwerks taufen lassen. S. Schlichtegrolls Nekrolog.
3  So heißet an einigen Orten die Schwindsucht.      

- Jean Paul, Titan

 

 

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