ochmut  »Mit dem Hochmut nimmt es allemal ein schlimmes Ende«, sagte der Onkel, »ich hatte als Junge Religionsunterricht bei einem Pfarrer, er hieß Zboni und war ein Hannake aus Pustomer-, zwei Meter hoch, ein richtiger Riese war das, eines Tages stellte er im Unterricht die Frage: Was ist die heilige Dreieinigkeit? Ein Klassenkamerad meldete sich zur Antwort, die heilige Dreieinigkeit, sagte er, sei die Schwester von der Jungfrau Maria, er hatte noch nicht zuende gedacht, da griff ihn schon der Pfarrer Zboni, schüttelte ihn, schlug ihm mit dem Knöchel gegen die Nase, knallte den Kopf des Schülers auf die Tafel, er war ungeheuer wütend, denn zu meiner Zeit galt die pädagogische Lehre von Johann Amos Comenius, die vorschreibt, daß Schüler niemals überheblich sein dürfen und in der Schule allzeit der Stock paratstehen muß.«  -  Bohumil Hrabal, Der Tod des Herrn Baltisberger. In: B. H., Die Bafler. Erzählungen. Frankfurt am Main 1966 (es 180, zuerst 1964)

Hochmut (2) Die Leute reden lassen. Ihnen Gelegenheit geben, auf dich herabzusehen (vielleicht haben sie dich durchschaut). Eugen war froh, niemand etwas von sich zeigen zu müssen, außer dem, was alle sehen konnten: seine Hülle aus Fleisch und Anzugstoff. Sein Geschriebenes und sein Empfundenes, das blieb verborgen. Die anderen merkten sowieso nichts, oder sie merkten nur das Äußerlichste, Flachste (hochmütig bist du also auch). Und er meinte, das Schlauste sei vielleicht ein Hochmut, der sich hinter Freundlichkeit versteckte, und wenn die anderen auf ihn herabschauten, so zu tun, als bemerkte er nichts. Jedes spöttische Wort läßt du dir gefallen, weil du weißt: wenn sie von dir weggehen, haben sie das Gefühl der Reue. Und außerdem: Versäumst du etwas, wenn du dich nicht wehrst?  - Hermann Lenz, Ein Fremdling. Frankfurt am Main 1988 (st 1491, zuerst 1983)

Hochmut (3) Oh, auch in der Hölle gibt es solche, die hochmütig und grausam geblieben sind, obwohl sie unleugbar zur Erkenntnis gelangt sind und die unabweisbare Wahrheit geschaut haben; es gibt Abscheuliche, die sich ganz dem Satan und seinem stolzen Geist hingegeben haben. Sie haben die Hölle selber gewollt! und sie können sich an ihr nicht ersättigen; sie sind freiwilligt Märtyrer. Denn sie haben sich selber verflucht, indem sie Gott und das Leben verfluchten. Sie zehren von ihrem bösen Hochmut, wie ein Hungriger in der Wüste das eigene Blut aus seinem Körper saugt. Doch sie sind unersättlich in alle Ewigkeit und verschmähen die Vergebung. Sie verfluchen Gott, der sie ruft. Den lebendigen Gott können sie nicht ohne Haß anschauen, und sie verlangen, daß es keinen Gott des Lebens gebe, daß Gott Sich und Seine ganze Schöpfung vernichte. Und sie werden ewig im Feuer ihres Zornes brennen und nach Tod und Nichtsein lechzen. Doch sie werden den Tod nicht erlangen ... - Fjodor M. Dostojewskij, Die Brüder Karamasow. München 1978 (dtv 2043, zuerst 1879)

Hochmut (4)  Don Demetrio war immer äußerst hochmütig. So hochmütig wie jener Käfer, der, als man sich anschickte, das Pferd des Paschas zu beschlagen, die Gelegenheit ergriff und sein Füßchen ausstreckte. - (marq)

Hochmut (5) ist eine verfehlte, ihrem eigenen Zweck entgegen handelnde, Ehrbegierde, und kann nicht als ein absichtliches Mittel, andere Menschen (die er von sich abstößt) zu seinen Zwecken zu gebrauchen, angesehen werden; vielmehr ist der Hochmütige das Instrument der Schelme, Narr genannt. Einsmals fragte mich ein sehr vernünftiger, rechtschaffener Kaufmann: »warum der Hochmütige jederzeit auch niederträchtig sei« (jener hatte nämlich die Erfahrung gemacht: daß der mit seinem Reichtum, als überlegener Handelsmacht, Großtuende, beim nachher eingetretenen Verfall seines Vermögens, sich auch kein Bedenken machte, zu kriechen). Meine Meinung war diese: daß, da der Hochmut das Ansinnen an einen anderen ist, sich selbst, in Vergleichung mit jenem, zu verachten; ein solcher Gedanke aber niemand in den Sinn kommen kann als nur dem, welcher sich selbst zu Niederträchtigkeit bereit fühlt, der Hochmut an sich schon von der Niederträchtigkeit solcher Menschen ein nie trügendes vorbedeutendes Kennzeichen abgebe.   - Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (zuerst 1798/1800)
 

Mut
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