etären oder Freundinnen, mit diesem zartsinnigen Namen benannten die Griechen die feinere Klasse jener Frauen, die der freien Liebe ergeben war und die dennoch nicht mit der Prostitution des heutigen Tages verglichen werden kann.

Manche Hetären gehörten zu den gebildetsten, die Geschichte ihrer Zeit geistig mit bestimmenden Frauen Griechenlands, wie Aspasia, die Freundin des Perikles und Schülerin des Sokrates, wie Leontion, die Schülerin und Geliebte Epikurs war, die gegen Theophrast ein philosophisches Werk schrieb, das Cicero seines Atticismus wegen schätzte. Es war leichter, Nikaretes Gunst durch Auflösung einer algebraischen Formel als durch Gold zu gewinnen.

 Freilich glänzten nicht alle auf solcher Höhe. Während eine Lais ihre Gunst für Talente verkaufte, eine Phryne  den Thebanern anbieten konnte, die zerstörten Mauern ihrer Stadt auf eigene Kosten wieder aufzubauen, gaben andere für wenige Drachmen ihre Reize preis. Eine Thais, die Geliebte Alexanders, gab dem Throne der Ptolemäer einen Erben und den Cypriern eine Königin. Aristonice und Oemanthe traten, wie Plutarch sagt, königliche Diademe mit Füßen.

Auf der anderen Seite aber nennt die Geschichte auch eine Phanostrata, der ihr Beiname (Phtheiropyle, d. i. Türlauserin) den Schmutz ihres Geschäftes ohne Schonung vorwirft.

Oft wechselte auch das Glück, so daß Hetären des höchsten Ranges zu solchen des niedrigsten herabsanken. - (erot

Hetäre (2)  Der Verkehr mit Hetären in Bordellen bedeutet einerseits einen kleinen Skandal und geringfügige Ausgaben; denn Männer, die sich mit diesen Personen einlassen, schämen sich und zahlen obendrein. Andererseits sind Hetären im Hinblick auf jedes Vorhaben von guter Vorbedeutung; sie werden ja von einigen die «Geschäftstüchtigen» genannt, und sie geben sich ohne Widerstreben preis. Ein gutes Zeichen ist es ferner, wenn man ein Freudenhaus betreten und ungeschoren wieder verlassen kann, denn das Gegenteil zeigt Unheil an. Ich kenne jemand, dem es träumte, er gehe in ein Bordell hinein und finde nicht mehr heraus, und wenige Tage darauf starb er, wobei das Traumerlebnis sich ganz folgerichtig an ihm erfüllte; denn ein Freudenhaus wird ebenso wie ein Friedhof ein gemeiner Ort genannt, und viel menschlicher Samen geht da zugrunde. Es gleicht also ganz natürlich dieser Ort dem Tod. Die Frauenzimmer jedoch haben mit dem Ort nichts gemein; sie selbst bedeuten Glück, nur der Ort nicht. Deshalb ist es günstiger, im Traum herumstreichende Hetären zu sehen. - (art)

Hetäre (3) Aspasia, eine Milesierin von Geburt, gibt als Freundin des Perikles und geistig hochgebildete schöne Frau den vollendetsten Typus der vornehmen Hetäre Altgriechenlands. Während man ihr auf der einen Seite eine von den Staatsmännern und Philosophen anerkannte hohe philosophische und oratorische Bildung nachrühmte, hat sie auf der anderen Seite eine förmliche Organisation des Hetärenwesens in Griechenland geschaffen, da sie zahlreiche schöne Mädchen importierte, sie in ihrem Hause zu Athen in den Hetärenkünsten ausbildete und dann ganz Hellas damit überschwemmte, weshalb sie auch Sokrates »Erotodidaskalos« (Liebeslehrerin) nannte.

Ihr Einfluß ging so weit, daß man sie als Urheberin des peloponnesischen Krieges angab. Sie war schließlich die Geliebte des Lysikles, eines Demagogen und reichen Viehhändlers. - (erot)

Hetäre (4)  Die griechischen Hetären teilten sich in zwei Schulen, in die »Philosophinnen«, die mit der gelehrten Welt verkehrten, ihren Jargon nachahmten, sich den Studien hingaben, und in die »Häuslichen«, die mehr durch ihre Schönheit als durch ihren Geist glänzten. Die sogenannten Philosophinnen gründeten den mehr als 300 Jahre dauernden Hetärismus. Sie stellten in ihrem Systeme der Prostitution vier Hauptformen auf, als: die lesbische, die sokratische, die zynische und die epikuräische Liebe und legten diesen Formen die Lehrsätze der Sappho, des Sokrates, Diogenes und Epikurs zugrunde. Sappho vertrat die Frauenliebe (Tribadie); Diogenes, die grobe physische; Sokrates, die geistige (platonische) und Epikur, die wollüstige Liebe.

In den Hetärenschulen wurde später besonders feiner Anstand gelehrt und machten die philosophischen Hetären Propaganda. - (erot)

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