Heroszupfer  Der Heroszupfer macht sich an Denkmälern zu schaffen und zupft Heroen an den Hosen. Die mögen aus Stein oder aus Bronze sein, in seinen Händen werden sie lebendig. Manche erheben sich mitten im Verkehr, da läßt man es besser bleiben. Doch solche in Parks kommen wie gerufen. Er schleicht um sie herum oder er lauert in Büschen. Wenn der letzte Besucher sich verlaufen hat, springt er hervor, schwingt sich geschickt auf den Sockel hinauf und stellt sich neben den Heros. Da steht er ein wenig und faßt sich ein Herz. Er ist voller Respekt und greift nicht gleich hin. Er überlegt auch, wo es am günstigsten wäre. Es genügt nicht, die Hand auf eine Rundung zu legen, er muß etwas zwischen den Fingern halten, sonst kann er nicht zupfen: er braucht Falten. Wenn er so eine hat, läßt er lange nicht los, es ist ihm, als hätte er sie zwischen den Zähnen. Er fühlt, wie die Größe auf ihn übergeht und erschauert. Jetzt weiß er, was er eigentlich ist und wozu er imstande wäre. Jetzt nimmt er sich alles wieder vor, jetzt zupft er ganz fest, jetzt glüht er vor Kraft, morgen beginnt er.

Der Heroszupfer klettert nicht höher hinauf, das wäre ungehörig. Er könnte sich auf die steinerne Schulter schwingen und dem Heros etwas ins Ohr flüstern. Er könnte ihn am Ohr ziehen und ihm verschiedenes vorwerfen. Das wäre der Gipfel der Verruchtheit. Er begnügt sich mit dem bescheidenen Platz, der ihm gebührt. Noch hält er sich an Hosenfalten. Aber wenn er fleißig ist, keine Nacht versäumt und immer kräftiger zupft, kommt einmal der Tag, der hellichte Tag, da er sich mit einem mächtigen Ruck hinaufschwingt und dem Heros höhnisch vor aller Welt auf den Kopf spuckt.    - (can)

Heros Zupfen

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