eros
Wie viele Fabeln der Alten von menschlichen
Ungeheuern und Mißgestalten
haben sich durch das Licht der Geschichte bereits verloren! Und wo irgend die
Sage noch Reste davon wiederholet, bin ich gewiß, daß auch diese bei hellerm
Licht der Untersuchung sich zu schönem Wahrheit aufklären
werden. Den Orang-Utang kenne man jetzt und weiß, daß er weder zur Menschheit
noch zur Sprache ein Recht hat; durch eine sorgfältigere Nachricht von den Orang
Kubub und Orang-Guhu auf Borneo, Sumatra und den Nikobarinseln werden sich auch
die geschwänzten Waldmenschen verlieren Die Menschen
mit den verkehrten Füßen auf Malakka, die wahrscheinlich rachitische Zwergnation
auf Madagaskar, die weiblich gekleideten Männer in Florida u. f. verdienen eine
gleiche Berichtigung, wie solche bisher schon die Albinos, die Dondos, die Patagonen,
die Schürzen der Hottentottinnen erhalten haben. Männer, denen es gelingt, Mängel
aus der Schöpfung, Lügen aus unserm Gedächtnis und Entehrungen aus unsrer Natur
zu vertreiben, sind im Reich der Wahrheit das, was die Heroen der Fabel für
die erste Welt waren; sie vermindern die Ungeheuer auf Erden. -
Johann Gottfried Herder, Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit
Heroen
(2) wurden auf eine verborgene Weise von den Oberen erzeugt,
durch Vermischung von Göttern oder Dämonen mit Menschen, weshalb solchen Wesen
gewissermaßen eine mittlere Natur zugeschrieben wird, so daß sie weder Engel
noch Menschen sind. Dieser Meinung folgt auch Lactantius. Noch heutzutage
gibt es Menschen, welche mit Dämonen Verkehr und ehelichen Umgang haben. Bekanntlich
glaubt man auch allgemein, der britische Seher Merlin sei der Sohn eines
Dämons und einer Jungfrau gewesen. Auch von Plato,
dem Fürsten der Weisheit, glaubte man, er sei von einer von Apollo
geschwängerten Jungfrau geboren. Ferner meldet die Geschichte, es haben einst
durch Gestalt und Geist hevorragende gotische Frauen, die man Alrunen
nannte, das Lager des Gotenkönigs Filimir, oder wie andere sagen, Idanthresus
verlassen, seien in die Einöden des asiatischen Scythiens jenseits der mäotischen
Seen gewandert und haben dort mit Faunen und Satyrn
die ersten Hunnen erzeugt. Nach der Behauptung des Psellus ergießen die
Dämonen bisweilen ihre Samen, woraus gewisse Tierchen entstehen. -
(nett)
Heros (3) Sein Helm nickte, die Mähne flatterte, und sternhell strahlte sein Speer, den er grimmig in seiner Rechten schwenkte. Sein Auge suchte an Hektor eine Stelle zu erspähen, an der eine Wunde haften könne. Da fand er alles blank von der geraubten Rüstung umhüllt; nur wo Achsel und Hals das Schlüsselbein verbindet, erschien die Kehle, die gefährlichste Stelle des Lebens am Leib, ein wenig entblößt. Dorthin lenkte Achilleus schnell besonnen seinen Stoß und durchstach ihm den Hals so mächtig, daß die Lanzenspitze zum Genick herausdrang. Doch durchschnitt ihm der Speer die Gurgel nicht so, daß der Verwundete nicht noch reden konnte, obgleich er in den Staub sank, während Achilleus laut frohlockte und den Leichnam Hunden und Vögeln preiszugeben drohte. Da begann der liegende Hektor, schon schwächer atmend, zu flehen: «Ich beschwöre dich bei deinem Leben, Achilleus, bei deinen Knien, bei deinen Eltern, laß mich bei den Schiffen der Danaer nicht die Hunde zerreißen! Nimm Erz und Gold, so viel du willst, zum Geschenk und entsende dafür meinen Leib nach Troja, daß Männer und Frauen dort ihm die Ehre des Scheiterhaufens zuteil werden lassen,»
Aber Achilleus schüttelte sein fürchterliches Haupt und sprach: «Beschwöre mich nicht bei meinen Knien und meinen Eltern, du Mörder meines Freundes! Niemand sei, der dir die Hunde verscheucht von deinem Haupt, und wenn mir deine Landsleute zwanzigfältige Sühnung darwögen und noch mehr verhießen. Ja, wenn dich Priamos mir selbst mit Gold aufwägen wollte!» - «Ich kenne dich», stöhnte Hektor sterbend, «ich ahnte, daß du nicht zu erweichen sein würdest; dein Herz ist eisern! Aber denk an mich, wenn die Götter mich rächen und du am hohen, skäischen Tore vom Geschosse Phöbos Apollons getroffen im Staube endest, wie jetzt ich!» Mit dieser Weissagung verließ Hektors Seele den Leib und flog zum Hades hinunter. Achilleus aber rief der fliehenden nach: « Stirb du; mein Los empfang ich, wann Zeus und die Götter wollen!» So sprach er und zog den Speer aus dem Leichnam, legte ihn beiseite: und zog die eigene, blutige Rüstung von den Schultern des Gemordeten.
Nun kamen aus dem griechischen Heere viel Streiter herbeigelaufen und betrachteten bewundernd den Wuchs und die hohe Bildung des Toten, und mancher sprach, ihn anrührend: «Wunderbar, wie viel sanfter ist doch der Mann nun zu betasten, als da er den Feuerbrand in unsere Schiffe schleuderte!» Jetzt stellte sich Achilleus mitten unter das Volk und sprach: «Freunde und Helden! Nachdem die Götter mir verliehen haben, diesen Mann hier zu bändigen, der uns mehr Böses getan hat, als alle andern zusammen, so laßt uns in unserer Rüstung die Stadt ein wenig auskundschaften, um zu erforschen, ob sie uns wohl die Burg räumen werden oder ob sie es wagen, uns auch ohne Hektor Widerstand zu leisten. Aber was rede ich? Liegt nicht mein Freund Patroklos noch unbestattet bei den Schiffen? Darum stimmt den Siegesgesang an, ihr Männer, und laßt uns vor allen Dingen meinem Freunde das Sühneopfer bringen, das ich ihm geschlachtet habe!»
Mit solchen Worten wandte sich der Grausame dem Leichnam aufs neue zu, durchbohrte
ihm an beiden Füßen die Sehnen zwischen Knöchel und Fersen, durchzog sie mit
Riemen von Stierhaut, band sie am Wagensitze fest, schwang sich in den Wagen
und trieb seine Rosse mit der Geißel den Schiffen zu, den Leichnam nachschleppend.
Staubgewölk umwallte den Geschleiften, sein jüngst noch so liebliches Haupt
zog mit zerrüttetem Haar eine breite Furche durch den Sand. - (sage)
Heros
(4) The hero is he who is immovably centered. -
Ralph Waldo Emerson
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