eldenleben

ein heldenleben

unermüdlich plätschert der lebensweg
durchs festland und murmelt quatsch

ungewöhnlich tutet das lebenshorn
im heldenland der nächstenliebe

unerbittlich stampft das lebensbild
durch die durchdringlichen bogengänge
der urgroßmutterschaft

der held wartet wohlgeraten
im panzerhemd und nimmt das musterkind in empfang

dieses pfeift lustig
im  urgroßwald

-  Max Ernst, Paramythen. Köln 1970 (Verlag Galerie Der Spiegel, Spiegelschrift 2)

Heldenleben (2)  Man hält mich für einen Mörder und hat mir sogar einen Orden dafür verliehen. Ich selbst weiß, daß ich kein Mörder bin, aber ich leide seit dreizehn Jahren Qualen, daß jemand meine Unschuld entdecken könnte.

Angefangen hat die Geschichte im Jahre 1943.

Als junger Gymnasiallehrer hätte ich vielleicht die restlichen Kriegsjahre und die Zeit der deutschen Besatzung ohne größere Beeinträchtigung überstanden, wenn nicht zwei Ereignisse eingetreten wären, die mein damaliges und auch mein späteres Leben einschneidend verändern sollten:

Das erste Ereignis war meine Begegnung mit Dr. Pleaux. Ich wurde zufällig Zeuge, wie ein Radfahrer einen Schuß auf ihn abgab und dann flüchtete. Ich bot ihm meine Hilfe an, und so begann meine Bekanntschaft mit dem Arzt. Daß er als Kollaborateur galt - daher der Schuß -, störte mich nicht allzu sehr.

Das zweite Ereignis war ebenfalls die Begegnung mit einem Mann. Sie fand in dem Schloß statt, in dem ich mehrmals wöchentlich als Hauslehrer tätig war. Es war wieder einmal der Strom ausgefallen, und ich stieß im Flur mit einem mir unbekannten jungen Mann zusammen, der unwillkürlich ein «Sorry » murmelte.

Ich begriff sehr schnell: Die Besitzerin des Schlosses und ihre Leute gehörten der Résistance an und beherbergten abgeschossene englische Piloten und halfen ihnen über die Grenze nach Spanien. Nun, ich würde sie nie verraten haben, und versicherte das auch Madame de Chatelus und ihren Helfern. Aber sie wollten mehr Sicherheit von mir als nur mein Wort: Sie wollten, daß ich mich aktiv auf ihre Seite stellte.

Habe ich schon gesagt, daß Madame de Chatelus sehr schön war?

Ich sagte also meine Mitarbeit zu.

Und diese Mitarbeit sollte darin bestehen, daß ich den Kollaborateur Pleaux aus dem Weg räumte. Der Dank des Vaterlandes würde mir gewiß sein. Das heißt, ich war sehr viel mehr an dem Dank der Madame de Chatelus interessiert...

Ich gebe zu, daß ich die Tat ernsthaft erwogen habe. Doch dann entwickelten sich die Dinge in einer Weise, daß ich - später - den Dank der Dame und auch den des Vaterlandes offeriert bekam. Nur scheint es mir jetzt, als ob man im Leben nie etwas geschenkt bekommt; als ob alte Rechnungen immer wieder eingefordert werden, selbst die Durchführung eines Mordes, um die man sich gedrückt hat. - Waschzettel zu: Boileau/Narcejac, Ein Heldenleben  Reinbek bei Hamburg 1990 (zuerst 1976)

 

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