eilbarkeit »Keine Krankheit ist schwieriger zu heilen als Hysterie«, stellt Charcot traurig fest:
Die Hälfte der hysterischen Frauen erholt sich erst, wenn das nahende Alter ihre Empfindsamkeit betäubt. Ein Viertel wird niemals gesund und hat die Krankheit das ganze Leben. Einige junge Mädchen, die vor 12 oder 13 Jahren hysterisch werden, sind zu lebenslangem Leiden, Unwohlsein oder manchmal zu schwerer Krankheit verurteilt. Sie verbringen möglicherweise völlig behindert ein Jahr oder länger im Bett. Sie sind immer krank, neigen zu Fehlgeburten oder bekommen hysterische Kinder. Manche bleiben bis in ein fortgeschrittenes Alter krank, werden kachetisch, mager, reizbar und altern vorzeitig. Ihr Leben ist eine einzige Tortur für sie selbst und für ihre Umgebung.
Charcot, der künstlerisch veranlagt war, gehörte zu den ersten Ärzten, die
die neue Technik der Fotografie in den Dienst der Medizin stellten. Die körnigen
Fotografien von seiner Hysterie-Station sind unvergeßliche Bilder der Verwüstungen,
die Frauen des 19. Jahrhunderts erlitten, deren außerhalb der Ehe verfügbare
Rollen sich manchmal nicht weiter erstreckten (wie auch aus Charcots Bildern
hervorgeht) als auf das kurze Stück zwischen alter Jungfer und Hure. - Charcot, David B. Morris, Geschichte des Schmerzes. Frankfurt am Main 1996
Heilbarkeit (2) Die Dummheit und Unvernunft läßt sich nicht mit einem Wort der Zurechtweisung heilen. Von dieser Besserung können wir füglich sagen, was Cyrus dem antwortete, der in ihn drang, sein Heer vor der Schlacht nochmals anzufeuern: die Menschen werden nicht durch eine gute Rede auf der Stelle tapfer und kriegerisch, so wenig, wie der flugs ein Musiker wird, der ein schönes Lied singen hört. Das ist eine Schule, die man beizeiten in langen und ausdauernden Lehrjahren bestanden haben muß.
Wir sind den Unseren diese Fürsorge und diese unverdrossene Zucht und Belehrung schuldig; aber dem ersten besten die Leviten zu lesen und die Unwissenheit und Torheit zu schulmeistern, wo sie uns über den Weg läuft, das ist ein Brauch, auf den ich nicht gut zu sprechen bin. Ich tue es selten, sogar in Gesprächen, an denen ich selber teilnehme, und mache mich lieber aus dem Staube, als mich auf diese erhabenen und professoralen Besserwissereien einzulassen. Mein Sinn steht nicht danach, zu Anfängern zu sprechen, so wenig wie für Anfänger zu schreiben. Und bei Dingen, die so gemeinhin und beiläufig vorgebracht werden, für so falsch und unsinnig ich sie auch halten mag, fahre ich nie dazwischen, weder mit Worten noch mit Gebärden.
Im übrigen wurmt mich an der Dummheit nichts so sehr wie dies, daß sie so
selbstgefällig ist, wie es keine Vernunft vernünftigerweise
sein kann. Es ist schade, daß uns die Einsicht verbietet, mit uns selber zufrieden
und selbstgewiß zu sein, und uns immer unbefriedigt und unsicher ziehen läßt,
während der Starrsinn und die Dreistigkeit die Köpfe, in denen sie hausen, mit
Behagen und Zuversicht erfüllen. Es ist das Vorrecht der Schwachköpfe, die andern
Menschen über die Achsel anzusehen und aus jedem Kampfe in Triumph und Jubel
heimzukehren. Und zumeist gibt ihnen ihre anmaßende Sprache und ihr unverfrorenes
Auftreten auch noch gewonnenes Spiel bei den Zuhörern, die gewöhnlich zu blöde
und unfähig sind, um die echte Überlegenheit zu erkennen und richtig zu beurteilen.
Die Leidenschaftlichkeit und Verbohrtheit in die eigene Meinung ist der sicherste
Beweis der Dummheit. Gibt es irgendein Geschöpf, das so selbstgewiß, unbeirrbar,
eingebildet, in sich gekehrt, feierlich und ernsthaft wäre wie der Esel?
- (mon)
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