eftchen
Mein Vater sah mittags herein, wenn er aus dem Geschäft kam. Er blieb
an der Tür stehen, die er zuvor mit dem Ellenbogen geöffnet hatte.
»Na,
wie geht's? Wie Otterstedt's?« Ich sei wohl ziemlich iben, was? Koppwehdah?
Fieber? »Ansage mir frisch!«
Einer hätte ihm gesagt, daß ich wieder
was zu Lesen brauche. Ob ich dies hier haben wolle, ja? Er warf mir kleine
Lesehefte hin, sie flatterten wie Vögel in die Stube, »Spannende Geschichten«,
hießen sie, 52 Seiten, 60 Pfennig.
Ich rakte sie mir mit dem Handstock
heran.
Zuerst bekam ich die Nummern 52, 15 und 7; die hakte ich hinten ab.
»Vor
Ypern trommelt der Tod«, hieß eines. In Flandern hatte mein Vater damals
seine Hautgeschichte gekriegt.
Da war es wohl auch gewesen, daß er mit
einer dieser »niedlichen kleinen Belgierinnen« getanzt hatte, was meine
Mutter nicht gern hörte.
Reistörtchen in Gent.
Trotz Bitten der
Leute hatten sie ein Klavier requiriert.
Klare Sache und damit hopp!
Die
hätten immer wieder gebeten und gebettelt, aber nein ... Krieg ist Krieg.
Artilleriebeobachter, das sei übrigens eine windige Sache. Er hätte mal einen Fesselballon abstürzen sehen. Und denn die Flieger, gegen die könnte man sich ja gar nicht wehren, die schmissen alles in Klump.
Ein anderes Heft hieß »Im Segelboot nach Indien«. Mitten auf dem Indischen
Ozean habe eine gewaltige Stimme »raus!« gerufen, er sei hinausgestürzt
und habe eine haushohe Wassermauer auf sich zurollen sehen. - Walter
Kempowski, Tadellöser & Wolff. Ein bürgerlicher Roman. München 1971.
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