echtkopf
Als sie durch die Via Porsantamaria kamen und an der Ecke der Via Vacchereccia
anlangten, sahen sie ein kleines Lädchen, das einer von jenen Leuten inne hatte,
welche die Spitzen an die Schnürbänder machen. Amerigo blieb lachend davor stehen
und sagte zu seinem Freund: »Der Besitzer dieser kleinen Bude ist, wie du vielleicht
weißt, ein widerborstiger, sonderbarer Alter, der verdrießlichste und wunderlichste
Mensch von der Welt - ich schlage vor, daß wir ihm hineinpisseii und sie ihm
samt seinem Handwerkszeug vollpinkeln, damit er morgen doch wenigstens einen
Grund hat, sich zu beklagen.«
Gesagt, getan: er steckte seine Spritze durch ein Loch vorne an der Tür, das wie zu diesem Zweck geschaffen war, und tat vielleicht nur, als ob er pißte, und nach ihm tat sein Freund desgleichen. Hierauf wandte sich Amerigo zum Pädagogen und sagte: »Heh, Magister, seht zu, ob Ihr keinen Drang verspürt, damit wir ihm die ganze Werkstatt unter Wasser setzen und er morgen früh gewaltigen Lärm schlägt und durch sein Toben der ganzen Nachbarschaft Stoff zum Lachen gibt.«
Als der Pädagog sah, daß Amerigo dies wünsche, sagte er, er werde sich bemühen, drückte ein wenig, schnürte dann den Hosenlatz auf, ergriff sein Abzugsrohr, steckte es, wie die beiden anderen es getan hatten, durch das Loch und begann zu strullen.
In der Bude aber befand sich Piloto, ein lustiger und sehr witziger Kauz, der die ganze Sache in Szene gesetzt hatte. Er hörte ganz genau alles, was sie sprachen, und als er erkannte, daß jetzt der Pädagog an die Reihe gekommen war, stand er mit einem getrockneten Hechtkopf, der dichte Reihen langer und scharfer Zähne — spitz wie Schusterpfriemen - aufwies, in der Hand in Bereitschaft und packte damit plötzlich das Glied des Pädagogen zur größeren Hälfte und drückte es so heftig zusammen, daß es durch und durch gebohrt wurde, wobei er fauchte und miaute wie eine richtige Katze; denn darauf verstand er sich besser als irgendwer. Der Pädagog stieß infolgedessen ein erschreckliches Gebrüll hervor und rief: »Weh mir! Christus steh mir bei!«
Und da er überzeugt war, es müsse eine Katze sein, die seinen Freund zwischen den Zähnen halte, rief er, den Tränen nahe: »0 Amerigo, Erbarmen, Hilfe, ich bin des Todes! Eine Katze hat mein Glied gepackt und sich festgebissen und will es nicht loslassen — ich weiß nicht, was ich beginnen soll. O weh! Gebt mir doch einen Rat!«
Amerigo und sein Freund waren so nahe daran herauszuplatzen, daß sie nicht
sprechen konnten; denn Piloto ahmte wunderbar gut einen Kater zur Rammelzeit
nach. Daher begann der Pädagog zu rufen: »Mietz, Mietz, Mietz, liebes Mietzchen!«
und versuchte zugleich, ob sie seinen Freund loslasse, indem er ihn ganz sacht
an sich zog. Als Piloto ihn ziehen fühlte, drückte er miauend den Hechtkopf
zusammen und durchbohrte ihn noch mehr. Der Pädagog zog die Luft ein und stöhnte
und begann von neuem sein: »Mietz, Mietz«, und zwar genau so schmelzend, als
hätte er sie auf dem Schoß gehabt und ihr den Schwanz gestreichelt; dabei zog
er sein Pfeiflein wieder ein wenig an sich, während Piloto es miauend noch fester
zusammenpreßte und dabei fauchte wie eine Katze, der man sich nähert, um ihr
einen Vogel oder Fleisch, das sie im Maul trägt, abzujagen. - Antonfrancesco
Grazzini, Feuer auf dem Arno. Berlin 1988 (zuerst ca. 1550)
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